Berlin. Im Streit mit den Krankenkassen um höhere Honorare wollen die niedergelassenen Mediziner vorerst auf flächendeckende Praxisschließungen verzichten - und auf andere Protest-Aktionen ausweichen. Der Kassenverband wirbt dagegen um eine Verhandlungslösung, um die Konfrontation zu beenden

Kranke Menschen, die in den kommenden Tagen zum Arzt müssen, sollen erst einmal nicht die Leidtragenden des Streits um höhere Ärztehonorare sein: Die Kassenärzte wollen auf die angedrohten flächendeckenden Praxisschließungen erst einmal verzichten. Das kündigte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, am Donnerstag an. Die Vorstände der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV hätten jedoch einstimmig ein Paket an anderweitigen Maßnahmen beschlossen.

"Die Krankenkassen werden unsere gezielten Nadelstiche spüren", betonte Köhler. Vom kommenden Montag an sollen den Angaben zufolge Woche für Woche "hintereinander geschaltete Maßnahmen" in den 100.000 Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten starten.

Kassen werben um Verhandlungslösung

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) warb dagegen dafür, den Streit auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Verbandssprecher, Florian Lanz, sagte, bereits nach der ersten Verhandlungsrunde sei das Thema Honorarsenkung vom Tisch gewesen. "Seit Ende vergangener Woche geht es nicht mehr um die Frage, ob die Honorare steigen, sondern nur noch darum, wie stark sie steigen. Diese Frage wollen wir gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am Verhandlungstisch lösen", betonte Lanz.

Die KBV hatte die Verhandlungen über die Honorare der rund 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten am Montag platzenlassen. Zuvor hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss mit einem Schlichterspruch entschieden, die Zuweisungen um 270 Millionen Euro zu erhöhen. Die Ärzte verlangen ein Plus von 3,5 Milliarden Euro oder elf Prozent.

"Verantwortungsloses Machtkartell"

Die Bundesärztekammer forderte unterdessen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf, die Macht des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung zu beschneiden. Die GKV entwickele "sich zu einem völlig verantwortungslosen Machtkartell. Und da müsste der Bundesgesundheitsminister eingreifen", sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Zugleich zeigte er sich optimistisch, im Streit über höhere Honorare für Ärzte mit den Kassen eine Einigung erreichen zu können.

Bei solchen Verhandlungen sei es üblich, dass man erstmal "die Instrumente zeigt, mit denen man sich bedrohen kann", sagte Montgomery. In diesem Zusammenhang verwies er auf mögliche Praxisschließungen. Am Ende müssten beide Seiten jedoch zurück an den Verhandlungstisch und "miteinander einen Vertrag unterschreiben". (dapd)