Essen. . Die Beschaffung von Medikamenten wird immer schwieriger, die Industrie liefert und produziert zu wenig. Die Auswirkungen auf Patienten halten sich bislang in Grenzen. Dabei betreffen die Lieferprobleme alle Bereiche, von Antibiotika bis hin zu Krebsmedikamenten.

Ohne Narkose müssen die Patienten der Essener Krankenhäuser auch in Zukunft nicht in den OP-Saal, doch die Beschaffung der notwendigen Wirkstoffe wird für die Häuser immer schwieriger. Für viele (lebens-)wichtige Medikamente hat die Pharmaindustrie Lieferengpässe, sie reichen bis nach Essen. Im Universitätsklinikum werden die Lager für wichtige Präparate deshalb mittlerweile großzügiger und vor allem frühzeitiger aufgefüllt. Zusätzlich mache man sich unabhängiger von einzelnen Anbietern und tausche sich verstärkt mit den übrigen Krankenhäusern aus, gab das Haus auf Nachfrage bekannt.

Auch in anderen Krankenhäusern „gibt es keine notdürftige Versorgung“, erklärt die Direktorin der Essener Zentralapotheke Irmtraut Nüllmann-Hannig. Sie verspricht: „Die Patienten bekommen bei uns von den Engpässen nichts mit.“ Neben den Kliniken Essen-Mitte beliefert sie mit der Zentralapotheke auch das Elisabethkrankenhaus in Huttrop. Entspannt sei die Situation aber bei weitem nicht. „Die Lieferprobleme betreffen ausnahmslos alle Bereiche, egal ob Antibiotika oder Krebsmedikamente“, erklärt Nüllmann-Hannig. Problematisch sei dabei vor allem, „dass früher mal die Billiganbieter nicht liefern konnten, heute aber auch die großen Firmen betroffen sind“.

Als Ursache hat die Chefapothekerin die zunehmende Produktionsverlagerung ausgemacht. „Die Wege sind länger geworden, es wird fast ausschließlich in Indien produziert.“ Außerdem stelle auch die Rohstoffindustrie immer weniger her. „Diese Tendenz ist aber bereits seit Jahren erkennbar“, erklärt Klinikumssprecher Burkhard Büscher. Man habe sich darauf eingestellt. Auch Nüllmann-Hannig bekräftigt: „Die Situation bedeutet viel Mehraufwand, aber wir haben sie im Griff.“ Engpässe gibt es, Notstände nicht, soweit also der Konsens der Essener Krankenhäusern.

Nicht genug produziert

Doch nicht nur die sind betroffen, auch in den öffentlichen Apotheken der Stadt gibt es Lieferschwierigkeiten. Rabattverträge zwischen den Arzneiherstellern und den Krankenkassen sind hier der Auslöser. Sie sorgen dafür, dass die Apotheken nur Medikamente der entsprechenden Hersteller herausgeben, damit die Kassen die Kosten auch übernehmen. Seit 2007 gibt es diese Verträge. „In den letzten Jahren haben immer wieder kleinere Firmen das Rennen gemacht, die konnte aber oft gar nicht in der geforderten Masse produzieren“, erklärt Birte Barleben, Leiterin der Hirsch Apotheke im Essener Zentrum. Seit April habe sich die Situation durch neue Herstellerverträge verbessert.

Reibungslos läuft die Versorgung dennoch nicht ab, bestätigt Kreisapotheker Rald Günther Westhaus. „Viele Vertragspartner produzieren in Asien, da bleibt dann mal was am Zoll liegen, oder die Produktionsmenge ist zu gering.“ Überproduktionen kosten die Industrie schließlich viel Geld.

Westhaus berichtet außerdem von Firmen, die gar nicht mehr nach Deutschland liefern, weil die Preise in anderen Ländern deutlich höher liegen. Eine Lösung haben die Apotheken bei Lieferschwierigkeiten aber immer noch parat. „Ist das Vertragsmedikament nicht vorrätig, können wir jederzeit reagieren und gleichwertige Arznei ausliefern“, so Westhaus. Direkte Auswirkungen auf den Patienten habe das nicht. „Die Situation ist aber natürlich trotzdem ungünstig, denn die Tablettenfarbe ändert sich meistens“, sagt Westhaus – klingt wie ein Witz, ist aber für alte Menschen nicht unerheblich. Immerhin: Preislich ist das Alternativprodukt meist günstiger.