Essen. . Die Stadt Essen will den Gürtel enger schnallen – und auch in der städtischen Telefonzentrale Personal einsparen. Für die Bürger bedeutet dies längere Wartezeiten, wenn sie die Stadthotline 88-0 wählen. Die Stadt versichert: Anrufe würden “so zeitnah wie möglich“ angenommen und bearbeitet.
Es ist 16.45 Uhr am Dienstagnachmittag. Eigentlich sollte in der Telefonzentrale der Stadt noch jemand ans Telefon gehen und Auskunft geben. Doch Fehlanzeige. Zum Hörer greift um diese Zeit niemand mehr; dafür erklingt vom Band eine betont ruhige Frauenstimme: „Die Telefonzentrale der Stadtverwaltung Essen ist nicht mehr besetzt. Die Dienststellen der Stadtverwaltung sind geschlossen.“
Und künftig wird’s wohl noch schwieriger, in der städtischen Vermittlung jemanden zeitig ans Telefon zu bekommen. Denn „ 88-0, da werden Sie geholfen“ ist einfach zu teuer. Vor dem Hintergrund notwendiger Haushaltskonsolidierung hatte der Rat der Stadt bereits weitreichende Einsparungen im Personalbereich beschlossen, die ebenso die Telefonzentrale betreffen.
2100 Telefonate täglich
Eine Stelle wurde bereits eingespart. Weitere 2,5 von einst 15 vorhandenen Stellen sollen noch folgen, wenn der Stadtrat im Rahmen des Aufgabenkritikverfahrens der Stadtverwaltung weitere Kürzungen beschließt. Schließlich gilt es, ab 2015 beim Personal pro Jahr 31,75 Millionen Euro einzusparen. Die NRZ fragte nach, was die Essener erwartet, wenn sie zukünftig zum Telefonhörer greifen und die 88-0 wählen.
„Die Mitarbeiter der Telefonzentrale werden auch nach Wegfall der 3,5 Stellen eingehende Anrufe so zeitnah wie möglich annehmen, beantworten und weiterleiten“, betont Jeanette Kern, Leiterin des Pressereferats. Wartezeiten seien in stark nachgefragten Zeiten möglich. Nach letzten Erhebungen beliefen sich die vermittelten Telefonate im Wochendurchschnitt auf etwa 2100 Gespräche täglich. Die Arbeitsspitzen würden mit rund 2600 Gesprächen in der Regel montags erreicht. Das Arbeitsminimum belief sich auf 1600 vermittelte Gespräche und werde in der Regel freitags erreicht.
Das Anrufaufkommen sei jedoch stark abhängig vom Leistungsangebot der Verwaltung. Durch technische und organisatorische Maßnahmen wie Internet-Telefonbuch, Call-Center-Anlage für die Bürgerämter, Auflösung der Sozialamtsnebenstellen und Verkleinerung des Sozialamtes im Rahmen der Hartz-Reformen sei über lange Zeit eine Reduzierung der zu vermittelnden Anrufe zu beobachten gewesen. Seitdem die Stadt die Langzeitarbeitslosen in Eigenregie betreut, „stieg die Anzahl der zu vermittelnden Gespräche“, sagt Jeanette Kern. Durch Einführen eines so genannten Kundenreaktions-Managements sowie weiterer Maßnahmen seitens des städtischen Jobcenters gehe die Verwaltung nun von einer Verbesserung aus.
Erreichbar ja, aber nicht besetzt
Besetzt ist die Vermittlung, die kommende Woche von der Söllingstraße in die siebte Rathausetage umzieht, laut Jeanette Kern immer während der Dienstzeiten der Stadtverwaltung: Montag bis Mittwoch von 7 bis 17.30 Uhr, donnerstags von 7 bis 18 Uhr sowie freitags von 7 bis 17 Uhr. Während der restlichen Zeit ist die Bandansage geschaltet.
Gespart wurde im übrigen bereits beim städtischen Telefonbuch: Das knapp 400 Seiten starke Nummernwerk wurde letztmalig vor drei Jahren fürs Behördenjahr 2010 neu aufgelegt. Danach wurde es eingestellt. So konnte bereits eine Personalstelle eingespart werden, da die zentrale Pflege des lokalen Fernsprechverzeichnisses und das Bearbeiten öffentlicher Telefonbücher entfallen seien. Ersatz für die gedruckte Ausgabe ist ein Internettelefonbuch auf www.essen.de. „Die digitale Umstellung ist bereits komplett abgeschlossen“, betont Jeanette Kern.
Der automatische Anrufbeantworter
Neu hinzu kommen könnte hingegen über kurz oder lang ein weiterer Vermittlungsservice der Verwaltung. Kern: „Es wird über den Anschluss an die einheitliche Behördennummer D 115 nachgedacht, da hierüber bereits eine hohe Anzahl telefonischer Anfragen unmittelbar und ohne weitere Vermittlung in die zuständigen Fachbereiche beantwortet werden könnte.“ Wann es so weit ist, kann Stadtsprecherin Nicole Mause aber noch nicht sagen.
Und so könnte es bald wohl häufiger heißen, wenn in der Vermittlung niemand mehr rechtzeitig zum Hörer greift: „Guten Tag, hier spricht der automatische Anrufbeantworter der Stadtverwaltung Essen. Die Telefonzentrale der Stadtverwaltung Essen ist nicht mehr besetzt. (...)Vielen Dank für Ihren Anruf.“
Behördennummer D 115
Seit dem Start der einheitlichen Behördennummer 115 vor drei Jahren wächst die Zahl der Teilnehmer stetig. Die Bundesverwaltung ist mit über 80 Behörden und Institutionen angeschlossen. Als Kommunen machen etwa Duisburg, Dinslaken, Mülheim an der Ruhr, Düsseldorf und Neuss mit, Essen noch nicht. Ziel von 115 ist, Bürgern und Firmen mit einem Anruf bei der öffentlichen Verwaltung Auskunft zu bieten. Langfristig soll 115 aufs gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden.
Der gesamte Maßnahmenkatalog zum Aufgabenkritikverfahren der Stadt Essen ist im Internet einsehbar unter: www.essen.de