Essen. . Bürger der Von-Seeckt- und Von-Einem-Straße wollten sich nicht gefallen lassen, dass über ihre Köpfe hinweg und ohne jede Information die Straßen in Ortrud- und Imgardstraße umbenannt werden sollten.

Es mutet etwas absurd an: Essen droht ein schmerzhafter Spar-Kurs, gleichzeitig stehen die Stadtteile Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen und Stadtwald vor einem Bürgerentscheid, dessen Kosten die Stadt auf bis zu 100 000 Euro schätzt. Denn die Bürgerinitiative „ProVon“ hat - wie zu erwarten - mehr als genug Unterschriften zusammengebracht, um die von der Bezirksvertretung II durchgesetzte Umbenennung der Von-Seeckt- und der Von-Einem-Straße zunächst zu stoppen.

„Wir werden der Stadt heute 5578 Unterschriften übergeben“, zog Initiativen-Sprecher Thomas Hurwitz gestern die Endbilanz. 2740 Unterstützer, das entspricht sechs Prozent der Wahlberechtigten in den vier Stadtteilen, hätten es mindestens sein müssen. Selbst wenn eine größere Zahl von Unterschriften ungültig oder doppelt abgegeben sein sollte, dürfte der Erfolg des Bürgerbegehrens dank des großen Puffers so gut wie sicher sein. Im Wahlamt wird in den nächsten Tagen gezählt und dann das offizielle Ergebnis verkündet.

Anwohner Richard Kiessler begründete gestern noch einmal die Motive: Die Bürger der betroffenen Rüttenscheider Straßen - 1400 sind hier gemeldet - wollten sich nicht gefallen lassen, dass über ihre Köpfe hinweg und ohne jede Information die Straßen in Ortrud- und Imgardstraße umbenannt werden sollten. „Wir haben für diese Haltung überall wo wir Unterschriften gesammelt haben überwältigende Zustimmung bekommen.“

Kiessler zufolge ist mit dem Engagement keineswegs ein Einverständnis mit dem Weltbild der Generäle Hans von Seeckt und Karl von Einem verbunden. Doch wer diese Namen ändern wolle, müsse streng genommen Hunderte andere politisch problematische Straßenbenennungen ebenfalls ändern. „Mich ärgert die Attitüde der Politiker, uns vorschreiben zu wollen, wie wir die Geschichte zu verstehen hätten.“ Und deutsche Geschichte sei nun einmal schwierig.

Politiker haben sich im Straßennamen-Kampf verrannt 

Ob es zu einem kostspieligen Bürgerentscheid kommt, hängt nun an SPD, Grünen und Linken in der Bezirksvertretung II, die den Änderungsbeschluss mit knapper Mehrheit fällten. Die Stadtteilpolitiker können dem Bürgerbegehren beitreten - dann bleiben die Namen wie sie sind. Wahrscheinlicher erscheint derzeit aber, dass die rot-rot-grüne Koalition bei ihrem Votum bleibt. Trifft das so ein, hat zwingend ein Bürgerentscheid das letzte Wort, bei dem das Quorum allerdings bedeutend höher läge: 15 Prozent der rund 46.000 Wahlberechtigten im Stadtbezirk II müssten dann der Bürgerinitiative ihre Stimme geben, sonst wäre die Umbenennung durch. Organisatorisch ähnelt ein Bürgerentscheid einer richtigen Wahl mit Benachrichtigungen und Wahllokalen - daher die hohen Kosten.

„Ich möchte klarstellen, dass nicht wir die Schuld tragen, wenn die überschuldete Stadt diese Summe stemmen muss“, meinte Kiessler. Schuld seien Politiker, die sich im Straßennamen-Kampf verrannt hätten, statt sich um echte Probleme zu kümmern. „Ich kann mir eigentlich aber gar nicht vorstellen, dass eine solche Unterschriftenzahl einfach zur Seite geschoben wird“, meint Kiessler. Nach der August- oder September-Sitzung der BV II wird man es wissen.

In Sachen Kosten hat die Initiative nach eigenen Angaben noch einen weiteren Posten recherchiert: 19 Straßenschilder müssten bei Umbenennung ausgetaucht werden, jedes würde 400 Euro kosten - macht immerhin 7600 Euro.