Essen. Wer in Essen einen Bewohnerparkausweis besitzt, der kann auch für seine Gäste Parkkarten beantragen. Gut 38 000 Tageskarten für Besucher wurden im Jahr 2011 ausgegeben. Doch die Bezirksregierung will die beliebte Regelung stoppen.
Der Service ist mustergültig und beliebt: Wer einen der rund 3500 Anwohnerparkausweise in Essen besitzt, kann zum kleinen Preis auch Parkkarten für seine Gäste beantragen. Geht es nach der Bezirksregierung, soll damit jedoch bald Schluss sein. „Sie hat uns schriftlich gerügt, dass die Ausgabe von Besucherparkausweisen nicht rechtskonform sei. Und sie hat uns eine Frist gesetzt: Bis September sollen wir sagen, wie wir damit nun umgehen“, sagt Dieter Schmitz, der Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr.
Für die Stadt kam die Mitteilung überraschend: Seit das Anwohnerparken 1994 in Essen eingeführt wurde, gibt die Stadt auch Besucherkarten aus. Ein Paket mit neun Tages- und einer Wochenkarte kostet fünf Euro, maximal fünf der Pakete kann jeder Anwohner pro Jahr erwerben. Davon wird viel Gebrauch gemacht: 38 439 Tages- und 4271 Wochenkarten wurden im vergangenen Jahr ausgegeben.
Kein Wunder, schließlich ist Bewohnerparken nur da zulässig, wo „ein Mangel an privaten Stellplätzen und erheblicher Parkdruck“ herrschen. In Essen sind das derzeit neun Gebiete, von denen allein vier rund um das Museum Folkwang angesiedelt sind. „Ohne die Besucherparkkarten kann ich hier auf soziale Kontakte gleich verzichten. Aber wer braucht auch Freunde und Familie“, sagt Stefanie Lauterbach etwas gallig. Die 33-Jährige wohnt an der Adolfstraße in unmittelbarer Nähe zum Museum und zur trubeligen Rüttenscheider Straße: „Hier kostet eine Knolle 15 Euro, dafür bekomme ich drei Pakete Besucherkarten. Und bei der Politessen-Dichte hier kann man sich Falschparken nicht leisten.“ Lokführer Jens Kremer, der an der Brunostraße wohnt, bestätigt: „Einer meiner Bekannten ist schon abgeschleppt worden.“
38 000 Karten wurden ausgegeben
Christiane Baumann (24) möchte das tunlichst vermeiden. Die Studentin ist erst in dieser Woche an die Krawehlstraße gezogen und hat gar kein Auto: „Aber schon für den Umzugswagen brauchte ich eine Besucherkarte; als nächstes bekommen meine Eltern eine.“
Dieter Schmitz hat Verständnis für die Anwohner; die Besucherkarte sei ein Erfolgsmodell, das die Stadt erhalten wolle. Dass die Bezirksregierung nach fast 20 Jahren rechtliche Bedenken geltend mache, sei schwer nachzuvollziehen. Als das Anwohnerparken Anfang der 1990er Jahre eingeführt wurde, habe es eine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (StVO) gegeben, die Besucherkarten vorsah. „Der Gesetzgeber hat das geplant, und wir vertrauten darauf, dass es in der StVO verankert wird – was nie geschah.“ Das könnte nun zum Problem werden.
Auch Hotels nutzen die Regelung
In Nordrhein-Westfalen steht Essen mit der Regelung fast allein, eine zweite ihm bekannte Kommune möchte Schmitz „nicht bei der Bezirksregierung verpfeifen“. Aber auch in Hamburg, Bremen und Berlin gebe es die Besucherkarten, auch dort helfe die Regelung, die schwierige Parksituation für die Anwohner zu entschärfen. Ein Service, von dem in Essen auch zwei Hotels profitieren, die nicht über eigene Parkplätze verfügen.
Rechtsanwalt Christian Kunkel (58) schätzt die Karten ebenfalls: Er habe eine Mandantin an der Rüttenscheider Annastraße, die sie für ihn beantrage. „Damit habe ich ja keinen Platz vor der Haustür, sondern kurve oft erst um den Block, aber so kann ich wenigstens irgendwo im Viertel parken.“ Dass die Besucherkarten keine Parkplatz-Garantie bieten, sagt auch Anwohner Rolf von der Landwehr (76): „Abends fährt man zig Runden, bevor man parken kann.“ Die Vorstellung, dass seine Gäste ihre Autos bald nicht mehr in der Anwohnerzone abstellen dürfen, erzürnt ihn: „Das wäre eine Sauerei.“