Essen.
Im Kulturhauptstadtjahr 2010 luden erstmals Bänke auf dem Willy-Brandt-Platz zum Verweilen ein. Aber die falsche Zielgruppe, klagten Händler und Hoteliers ringsum: Die Trinkerszene nahm die Einladung dankend an und vergrämte so Kunden. Deshalb hat die Stadt 2011 die Bänke stillschweigend nicht mehr aufgestellt. Die Bezirksvertretung I dagegen hat jetzt beschlossen, sie wieder aufzustellen - und damit eine Grundsatzdebatte losgetreten: Wie umgehen mit der Szene in der Innenstadt?
Für Ralf-Peter Irrenberg liegt der Fall klar: Das Aufstellen der Bänke würde ihn bares Geld kosten. Der Geschäftsführer der Galeria Kaufhof hat 2010 beobachtet, wie die Szene die Bänke in Beschlag genommen hat: „Die haben da quasi gewohnt.“ Folge für das Kaufhaus: „Wir haben gesehen, dass die Kunden einen großen Bogen gemacht haben.“ Aber auch der Personaleingang für die Kaufhof-Mitarbeiter habe sich im Belagerungszustand befunden. Sein Befund: „Die Bänke waren eine gute Idee, die aber leider nicht funktioniert.“
Bänkedebatte ist eine Symboldiskussion
Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverband kann die strikte Ablehnung der Anlieger gut verstehen. „Die Erfahrung hat 2010 gezeigt, welche Klientel die Bänke nutzt“, sagt Marc-Andre Heistermnann. Ältere Einkaufsbummler und Familien mit kleinen Kindern, für die die Bänke gedacht waren, „habe ich sehr selten dort sitzen gesehen“. Die Bänke wieder aufzustellen und gleichzeitig die Doppelstreifen in der Innenstadt aus Personalmangel abzubauen: „Das setzt das falsche Signal für das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger in der City.“
Mit Mitteln des Ordnungsrechtes ist der Szene kaum beizukommen. Das haben Polizei und Ordnungsamt schon 2010 klar gestellt. Auch Heistermann weiß, dass die Bänke-Debatte eine Symboldiskussion ist über den grundsätzlichen Umgang mit dieser problematische Gruppe.
Die konkrete Kontroverse zwischen Bezirkspolitikern und Kaufleuten ist jetzt erst einmal entschärft, weil sich Essen Marketing (EMG) als Moderator eingeschaltet und ein Moratorium erwirkt hat. Die Bezirksvertreter scheinen geneigt, den Aufstellungsbeschluss ruhen zu lassen, bis die EMG eine Gesamtkonzeption für die Innenstadt erarbeitet hat. Keine leichte Aufgabe: „Da gibt es keinen Königsweg“, sagt EMG-Prokurist Dieter Groppe. Er will Expertenwissen von außen und den Kriminalpräventiven Rat einbinden - aber nichts auf die lange Bank schieben.