Essen.. Weil der Stadtverband der Kleingärtner neben der “Wetterhütte“ auch Ruhebänke und die Bürgertoilette abbauen will, wird am Baldeneysee nach Kompromissen gesucht. Der Streit zwischen Laubenpiepern und der städtischen Bauaufsicht hat eine neue Eskalationsstufe erreicht.
Vorsichtig drückt Annelie Laschkowski die Klinke zur „Bürgertoilette“ des Kleingartenvereins an der Lanfermannfähre herunter und ist sichtlich erleichtert, als sich das Gartentörchen öffnen lässt. Noch hat Heinz Schuster, der streitbare Vorsitzende des Stadtverbandes der Kleingärtnervereine, seine Drohung also nicht wahr gemacht. Das bunt bemalte Stille Örtchen hinter dem Gartenzaun steht Spaziergängern am Baldeneysee weiter offen.
Seit der Streit zwischen den Kleingärtnern und der städtischen Bauaufsicht um die illegal errichtete „Wetterhütte“ am Anleger der Weißen Flotte an der Lanfermannfähre die nächste Eskalationsstufe erreicht hat, ist die Aufregung groß unter jenen, die sich gerne auf den Bänken niederlassen, die der Kleingärtnerverband am Ufer des Sees aufgestellt hat oder auch schon mal bei Regen in der „Wetterhütte“ Schutz suchten.
Die Bauaufsicht drängt, darauf, dass der Unterstand wieder abgerissen wird. Die Kleingärtner wollen das vor Gericht klären lassen, wenn es denn sein muss, und haben schon mal Fakten geschaffen: Die „Wetterhütte“ ist gesperrt. „Wenn sie wirklich weg kommt, wäre das sehr, sehr schade“, sagt Annelie Laschkowski und fürchtet um die Bürgertoilette, die die Kleingärtner ebenfalls ohne Genehmigung im Landschaftsschutzgebiet aufgestellt haben.
Kleinkrieg zwischen Stadtverband und Bauverwaltung
Spaziergänger teilen die Sorge der 69-Jährigen. „Ich gehe hier jeden Tag spazieren, und bin froh, dass ich mich auch mal hinsetzen kann“, sagt Kurt Wildenauer, der seinen Hund spazieren führt. Aber, so gibt der 69-Jährige zu bedenken: „Irgendwo muss ja Ordnung sein.“ Franz Josef Bonnekamp sieht es ähnlich.
Erst einmal sei er froh darüber, dass die Kleingärtner Bänke, eine Toilette und den Unterstand aufgestellt haben. „Anderseits hätten sie das nicht einfach ohne Genehmigung tun dürfen.“ Längst habe sich die Sache zu einem Kleinkrieg zwischen dem Stadtverband und der Bauverwaltung hochgeschaukelt, ist der 74-Jährige überzeugt. „Das ist albern. Die hätten sich längst einigen sollen.“
Schon der Bau der „Wetterhütte“ war eine Provokation. „Wir bauen hier ohne Politik und Stadt Essen“, stand auf einen Schild der Kleingärtner zu lesen. Gerne wirft Verbandschef Schuster den Entscheidungsträgern in Rat und Rathaus Untätigkeit vor und inszeniert sich und seine Mitstreiter als Männer der Tat, etwa als es darum ging, das Ufer vor wuchernden Pflanzen freizuschneiden, die den Blick auf den See versperrten.
Baldeneysee-Konferenz soll Klarheit bringen
Bei „Grün & Gruga“ sind sie durchaus dankbar für das Engagement der Laubenpieper. Dass diese zehn Sitzbänke aufstellten, kam dem chronisch knappem Eigenbetrieb sehr wohl entgegen, wie man dort zugibt. Auch die Weiße Flotte mochte sich über die „Wetterhütte“ an ihrem Anleger nicht beklagen. Wünschenswert und notwendig sei ein ein solcher Unterstand.
Doch Heinz Schuster überspannt den Bogen. Bewusst? Niemand hat verlangt, dass die Kleingärtner ihre Sitzbänke wieder abräumen. Und auch an der „Bürgertoilette“ nahm die Verwaltung bislang keinen Anstoß, obwohl das Gegenteil nur konsequent wäre, wie Schuster sarkastisch bemerkt. In der Sache hat er Recht. In dem er aber die Bänke abbauen lässt und damit droht, auch die Toilette zu sperren, nimmt er wissentlich jene in „Geiselhaft“, für die er sich nach eigener Lesart doch so sehr einsetzt: die Bürger.
Finanzierung unklar
Schwanennest am See
Die Strategie scheint zu verfangen. Franz-Josef Ewers, Geschäftsführer der Weißen Flotte Baldeney, und Bernd Schmidt-Knop, II Werkleiter von Grün & Gruga, suchten gestern das Gespräch mit dem Stadtverband, um eine Kompromisslinie abzustecken. Das Ziel: Ein genehmigter Wetterschutz an der Lanfermannfähre, der optischen Ansprüchen genügt. Das notwendige Genehmigungsverfahren will Ewers auf den Weg bringen.
Auch die Toilettenfrage soll auf der nächsten Baldeneysee-Konferenz zur Sprache kommen. Gleich vier Standorte sind im Gespräch: Neben den bestehenden Toiletten an den Anlegern Hügel, Haus Scheppen und der Bürgertoilette der Kleingärtner an der Lanfermannfähre auch Kupferdreh, wo die Hespertalbahn einen neuen Bahnhof baut.
Noch gilt es offene Fragen zu klären wie Finanzierung und Betrieb. Wichtig sei, dass etwas zum Wohle der Menschen geschehe, „und das möglichst schnell“, sagt Schuster. Sollte tatsächlich Bewegung in die Sache kommen? Die Kleingärtner dürften es sich auch auf ihre Fahne schreiben.