Essen. Nach den Stadtteilbibliotheken ist jetzt die Volkshochschule in Essen in die Spar-Diskussion geraten. Der hauseigene Förderverein macht sich massive Sorgen. Dessen Vorsitzende hat einen “Offenen Brief“ ans Rathaus geschrieben und beschreibt in dem Papier ein düsteres Szenario.
Wenn jemand einen „Offenen Brief“ schreibt, ist das in der Regel ein Ausdruck von Ohnmacht. Umso ernster ist es offenbar um die Volkshochschule (VHS) bestellt.
Der hauseigene Förderverein macht sich jedenfalls massive Sorgen und artikuliert das in bemerkenswerter Deutlichkeit: „Existenzbedrohende Ausfälle“ stünden an, wenn beim Personal weiter gespart werde, mahnt Anne Schlüter, die Vorsitzende des Fördervereins, in einem Offenen Brief, den sie an den Oberbürgermeister, den Kultur-Dezernenten und alle Mitglieder des städtischen Kulturausschuss geschickt hat. „Die Sparpläne bewirken“, schreibt Anne Schlüter, „dass die VHS ihre gesellschaftlichen Aufgaben nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann.“
Im Mai 2012 hatte Christian Kromberg, Personal-Dezernent der Stadtverwaltung, die nächste Sparrunde angekündigt. Mehr als 500 Stellen sind seit Mitte 2010 bei der Stadt eingespart worden; weitere 183 sollen hinzukommen. Alle Bereiche der Verwaltung sollen Spar-Vorschläge machen. Im September soll der Rat entscheiden.
Entsprechend wird derzeit über den Sinn und Zweck einzelner Stellen hin- und herdebattiert; prominentes Beispiel: Im Mai standen die Stadtteilbibliotheken Holsterhausen, Kray und Stoppenberg auf der Kippe. Der Rat beschloss aber, alle Einrichtungen zu retten.
VHS in der Diskussion
Jetzt ist die VHS in der Diskussion: Sie beschäftigt 40 hauptamtliche Mitarbeiter, 16 davon sind Pädagogen, die das Kursprogramm gestalten. Rund 650 freiberufliche Dozenten leisten rund 58.000 Unterrichtsstunden pro Jahr.
Um diese 16 Pädagogen-Stellen, die übrigens großteils vom Land finanziert werden, geht es.
Zwei der 16 Stellen sind derzeit faktisch nicht besetzt, u. a. wegen Altersteilzeit. Eine dritte wird im Herbst vakant, dann geht die Mitarbeiterin, die sich um den Riesenbereich „Sprachkurse“ kümmert, in den Ruhestand. Sprachkurse machen mit rund 35 Prozent die Mehrheit des Kurs-Angebots aus. Sie sind, wenn man so will, das Brot- und Butter-Geschäft.
Diskutiert wird jetzt, die drei offenen Stellen, die es dann gibt, ersatzlos zu streichen: Falls das der Fall wäre, mutmaßt die Fördervereins-Vorsitzende Anne Schlüter, könne die VHS „in naher Zukunft ihre Pforten schließen“. Gleichzeitig scheint die VHS offenbar nicht weiterzukommen in ihrem Bemühen, einen „Drittmittel-Koordinator“ einstellen zu können.
Drittmittel werden immer wichtiger
„Drittmittel“, also Fördergeld, das für begrenzte Zeit und nur für vereinzelte Projekte fließt, werden im Geschäftsbetrieb der VHS aber immer wichtiger. Schon 2004, zum Start am neuen Domizil Burgplatz, musste die VHS abspecken: Drei Pädagogen-Stellen gingen damals schon über Bord; Honorare wurden abgebaut, Einnahmen erhöht. Zuletzt stiegen die Gebühren ausgerechnet im Kulturhauptstadtjahr: Wer seinen Schulabschluss bei der VHS nachholen will, zahlt seitdem nicht mehr 50, sondern 75 Euro.
Man müsse die Spar-Vorgaben für alle Kultur-Einrichtungen betrachten, nicht für einzelne Häuser, betont Hans Aring, kulturpolitischer Sprecher der SPD. Erst dann seien Aussagen sinnvoll. „Wir werden uns bemühen, möglichst viel zu erhalten.“ Die kulturpolitischen von CDU und Grünen waren am Mittwoch nicht erreichbar.