Essen. An der Diskotür hört David Maddocks regelmäßig den Spruch “Du kommst hier nicht rein“, im Geschäft verdächtigt man ihn des Ladendiebstahls – und die Polizei hat den 20-Jährigen Erzieher auch ständig im Visier. Der junge Mann mit kolumbianischen Wurzeln versteht die Welt nicht mehr. Er fühlt sich wegen seiner Hautfarbe diskriminiert.
Dass er an der Diskotür abgewiesen wird, daran hat sich David Maddocks gewöhnt. Im Geschäft vor den anderen Kunden als Ladendieb verdächtigt zu werden, das sei deutlich unangenehmer gewesen, sagt der 20-Jährige aus Haarzopf. Was ihn komplett fassungslos macht, „sind die ständigen Polizeikontrollen, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin“. Kürzlich lag dann Post vom Polizeipräsidium im Briefkasten: ein Ermittlungsverfahren wegen Waffenbesitzes. Und er fragt sich inzwischen: „Liegt das an meiner dunklen Hautfarbe?“
Sieht er eine Streife, „weiß ich, dass ich dran bin“, sagt der 20-Jährige, der aus Kolumbien stammt und mit zwei Jahren adoptiert worden ist. Fährt er am Wochenende vom Feiern nach Hause, winken die Beamten ihn heraus, erzählt er. Freundin Julia Linde (21) nickt. Ob in Borbeck, Stadtmitte, Holsterhausen oder Haarzopf. Seinen Freunden passiere das nie. Die Prozedur sei immer die gleiche: „Der Wagen wird komplett durchsucht.“ Er werde gefragt, ob er Drogen genommen habe. Verneint er, „bohren die Beamten immer weiter“.
Taschenmesser war Geschenk zum neunten Geburtstag
Als seine Mutter jetzt die Anhörung des Polizeipräsidiums las, platze ihr der Kragen. Der Vorwurf ist eine Ordnungswidrigkeit, weil die Polizei ein Messer im Kleinwagen ihres Sohnes fand. Renate Maddocks ist überzeugt, „hätte das Taschenmesser, das ich David zum neunten Geburtstag schenkte, bei mir im Auto gelegen, hätten sie darüber hinweggesehen“. Wahrscheinlich wäre sie erst gar nicht angehalten worden: „Noch nie habe ich einen Alkoholtest machen müssen, mein Sohn acht Mal.“ Ihr Ältester fuhr früher zum Fechten: „Mit drei Degen im Auto, passiert ist nichts.“
Das Messer wurde sicher gestellt, obwohl David Maddocks, der als Erzieher im Anerkennungsjahr in einer Kita arbeitet, beteuerte, dass er Äste zum Basteln im Kindergarten habe abschneiden wollen. Zudem habe das Messer im Rucksack auf der Rückbank gelegen. „Manchmal fühle ich mich wie ein Schwerverbrecher.“ Für seine Mutter grenzt das an Schikane.
Gesetze oft unbekannt
Keinesfalls, sagt Kommissar Tim Pfeiffer, der den Fall bearbeitet hat: „Das ist das Waffengesetz.“ Weil es sich bei dem Messer nicht um ein Taschenmesser, sondern um ein Einhandmesser handele. Heißt: Es lasse sich mit einer Hand öffnen. Die mit sich zu führen ist nicht erlaubt. Gleiches gelte für feststehende Messer mit einer Klingenlänge über zwölf Zentimeter, erklärt Pfeiffer, der die Verwunderung der Bürger durchaus kenne, weil die Gesetze oft unbekannt seien.
Was die Kontrollen betrifft, versteht Polizei-Sprecher Raymund Sandach den Unmut. Gibt aber zu bedenken, dass bei der Polizei Maßnahmen gegen Rauschgift-Dealer laufen, das seien häufig Schwarzafrikaner und Libanesen. Dass man da mit dunkler Hautfarbe ins Visier gerate, könne Pech sein.
Der 20-Jährige hat resigniert
David Maddocks wird auch sein Geburtstagsgeschenk nicht zurückerhalten: Es wird vernichtet. Der 20-Jährige hat resigniert, statt Widerspruch einzulegen. Er hat 35 Euro Verwarngeld überwiesen. Ginge es nach seiner Mutter, wären sie vor Gericht gegangen: „Dann hätte das Messer gezeigt werden müssen.“ Ihr Sohn konzentriert sich lieber auf seine anstehende Zeit in Kolumbien: „Als einer unter vielen.“