Essen. Stellenabbau bei RWE und Karstadt und kein Ende? Die Hiobsbotschaften aus den Konzernen sind Einzelfälle, betonen Essener Unternehmer. Sie suchen weiter Mitarbeiter, wie eine aktuelle Konjunkturumfrage unterstreicht.

Karstadt streicht in den kommenden zwei Jahren 2000 Stellen, auch der Energieriese RWE will sich von tausenden Mitarbeitern trennen. Vor wenigen Tagen hagelte es Hiobsbotschaften für den Essener Arbeitsmarkt. Kippt die Stimmung in der Wirtschaft, ist der Aufschwung nun vorbei? Mitnichten!

„Uns geht es sehr gut. Uns ist es noch nie so gut gegangen. Und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht“, sagt Hans-Jürgen Schrag, Geschäftsführender Gesellschafter der Oschatz-Gruppe. Gejammere sei fehl am Platze.

Auch Noweda-Vorstand Wilfried Hollmann ärgert sich: „Leider erfahren Stellenabbau-Pläne von Konzernen immer eine besondere Aufmerksamkeit.“ Fakt aber sei: „Das Bild der Essener Wirtschaft wird von den vielen mittelständischen Unternehmen geprägt.“ Und die stellen weiter ein!

Fast 60 Prozent der Unternehmen will weiter einstellen

Das unterstreicht eine am Dienstag veröffentlichte Blitzumfrage der Arbeitgeber Ruhr - einer Arbeitsgemeinschaft von 17 Arbeitgeberverbänden aus dem Revier, zu der auch der Essener Unternehmensverband (EUV) gehört. 59 Prozent der befragten Unternehmen wollen im zweiten Halbjahr neue Arbeitsplätze schaffen, nur zwölf Prozent wollen abbauen. „Das sind sehr erfreuliche Signale für den Arbeitsmarkt“, meint Henner Puppel, EUV-Vorstandschef .

Aktuell suchen vor allem diese Branchen in Essen neue Mitarbeiter: das Baunebengewerbe, der Groß- und Einzelhandel, die Gastronomie, das Gesundheits- und das Sozialwesen. Im ersten Halbjahr hatte die Arbeitsagentur Essen im Durchschnitt 4800 freie Stellen im Angebot - über 1000 mehr als im gleichen Zeitraum 2011.

„70 bis 80 Prozent dieser Stellen sind unbefristet und sofort zu besetzen“, unterstreicht Klaus Peters von der Arbeitsagentur. Der Stellenabbau bei RWE und Karstadt seien Einzelfälle und stünden nicht für eine Trendwende am Arbeitsmarkt. „Der ist robust, auch wenn wir uns von den großen Zuwächsen bei den Jobs wie in der Vergangenheit verabschieden müssen.“

Aufschwung verliert leicht an Fahrt

Dass das Wachstum in der Essener Wirtschaft an Fahrt verliert, hat auch Henner Puppel in seiner Blitzumfrage gemessen. „Der Höhepunkt des Aufschwungs scheint überschritten.“ Zwar rechnen immer noch 71 Prozent der Firmen im nächsten halben Jahr mit besseren bzw. gleichbleibenden Geschäften. Im ersten Halbjahr lag dieser Anteil allerdings noch deutlich höher. Vor allem in der zuletzt erfolgsverwöhnten Metall- und Elektroindustrie haben sich die Aussichten abgekühlt. Puppel warnt jedoch: „Es gibt keinen Anlass, nun Rezessionsszenarien zu entwerfen.“

Oschatz-Geschäftsführer Schrag treibt derweil eine ganz andere Sorge um: „Wir stellen pausenlos ein. Doch für uns ist es ein viel größeres Problem, qualifizierte Leute zu finden“, meint er. Schrag sucht vor allem Techniker und Ingenieure. Und die sind rar. Das ergab auch die aktuelle EUV-Umfrage. Jede fünfte Firma spürt bereits den Fachkräftemangel. Maschinenführer, Ingenieure, Techniker, Vertriebsmitarbeiter, Werkzeugmechaniker, Pharmakanten - die Liste der gesuchten Berufe wird länger.

Burkhard Röhrig, Geschäftsführer des IT-Unternehmens GFOS, sieht in Hiobsbotschaften wie von RWE und Karstadt deshalb eine Chance: „Vielleicht zeigt das potenziellen Bewerbern, dass der Mittelstand eine gute Alternative zu einem Großkonzern darstellt.“