Essen. . Durch das Absenken des Quadratmetersatzes sehen Stadt und Allbau keinerlei Probleme auf Hartz-IV-Empfänger zukommen. SPD und Linke da nicht so sicher. „Die Berechnung ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt etwa der Linken-Fraktionschef Hans-Peter Leymann-Kurtz.
Nach Klagen von Hartz-IV-Empfängern hat das Bundessozialgericht geurteilt, dass Alleinlebenden nicht mehr 45, sondern künftig 50 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung stehen sollen. Die Stadt, so könnte man fast meinen, reagierte im Gegenzug schnell: Hartz-IV-Empfänger bekommen künftig pro Quadratmeter Wohnraum weniger als zuvor. 4,61 Euro statt bislang 4,83 Euro. Lässt sich zu diesem Satz in Essen überhaupt noch angemessener Wohnraum mieten? „Aus unserer Sicht ist dieser Satz nicht angemessen“, sagt die Geschäftsführerin der Essener Mietergemeinschaft Siw Mammitzsch.
Hartmut Peltz, Büroleiter von Sozialdezernent Peter Renzel, sieht das völlig anders: „Der Neuberechnung liegt der aktuelle Mietwertspiegel von 2011 zugrunde.“ Und der Quadratmeterpreis einer Wohnung sinke eben, je größer sie ist. Somit seien 4,61 Euro je Quadratmeter durchaus angemessen. „Maßgebend ist, dass es in Essen ausreichend Wohnraum zu den anerkannten Mietobergrenzen gibt“, fügt Peltz an.
Das bestätigt in der Tat auch der Allbau: „Rund 20 bis 25 Prozent unseres Wohnungsbestandes liegt in diesem Preissegment“, so Prokurist Samuel Serifi. Selbst bei gesunkenem Quadratmeter-Preis hätten potenzielle Mieter mit wenig Geld nun bessere Auswahlmöglichkeiten, da mehr Wohnungen mit einer Fläche von 50 Quadratmeter zu haben sind als kleinere Mietobjekte. Gleiches zeigt sich auf der Internetseite der Deutschen Annington.
30 Prozent der Unterkunftskosten trägt der Bund
Problematisch werde es bei dem knapp kalkulierten Preis allerdings, wenn Modernisierungsarbeiten anstünden, für die die Kosten später auf die Miete umgelegt werden, „dann kann es sein, dass wir über dem neu festgesetzten Quadratmeter-Preis liegen“, sagt Serifi. Die Festschreibung von Mietpreisen hingegen würde Vermieter davon abhalten, zu sanieren, weil sie die Kosten dann nicht mehr weitergeben können.
Doch der Ermessensspielraum ist gering. Ohnedies zahlt die Stadt Essen einen Großteil der Mehrkosten aus der eigenen Kasse. Rund 30 Prozent der Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger trägt der Bund. Die verbleibenden 70 Prozent, so kalkuliert die Stadt, werden mit etwa 7 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen.
„Die Berechnung ist für uns nicht nachvollziehbar“
Ungeachtet dieser Kosten schaltet sich nun die Politik ein. „Die Wohnverhältnisse von SGB-II-Empfängern müssen angemessen sein. Was das bedeutet, hat das Bundessozialgericht gerade erst deutlich gemacht. Wir gehen davon aus, dass dies auch in Essen uneingeschränkt umgesetzt wird“, sagt der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Dirk Heidenblut. Die Verwaltung möge die Berechnungsmethoden vorlegen. „Ergeben sich Hinweise, dass mehr für die Betroffenen möglich ist, werden wir dem nachgehen.“ Auch die Linke sieht Klärungsbedarf. „Die Berechnung ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt der Linken-Fraktionschef Hans-Peter Leymann-Kurtz. Auf den Mietspiegel zu verweisen, sei zu kurz gesprungen, denn der sei nicht bindend.
Dass sich in Essen - vorwiegend in den nördlichen Stadtteilen - aber durchaus Wohnraum für 4,61 Euro pro Quadratmeter finden lässt, betont auch Hans-Wolfgang Schaar, Vorsitzender des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Essen. „Gerade in einfachen Lagen gibt es Angebote.“ Nichts anderes verlangen die Bundessozialrichter: Einen Mietpreis, zu dem für alle Leistungsempfänger, die Wohnraum suchen, ein Angebot zu finden ist. Das kann - auf Essen bezogen - auch im Norden sein.