Essen. . Lässt sich eine Sperrstunde für Jugendliche, wie sie ein Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder vorsieht, überhaupt durchsetzen? Nicht nur Rolf Krane von der IG Rüttenscheid ist skeptisch, auch Diskotheken-Betreiber räumen der Umsetzung wenig Chancen ein.

Ein Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) soll, laut Agenturmeldungen, eine Änderung des Jugendschutzgesetzes vorsehen. Demnach dürften in Konzerten, bei Schützen- und Stadtfesten, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird, Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr künftig allein nicht mehr bis 24 Uhr, sondern nur noch bis 20 Uhr anwesend sein. Wer länger bleiben will – muss einen Erziehungsberechtigten zur Seite haben.

Doch lässt sich diese Sperrstunde für Jugendliche überhaupt durchsetzen? Rolf Krane, Sprecher der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, hält die Idee für praxisfern. „Dann müssten wir zum Beispiel beim Rü-Fest Zäune und Tore haben und an den Toren Kontrolleure, die sich die Ausweise zeigen lassen. Und das gilt nicht nur fürs Rü-Fest, sondern auch für alle anderen Stadtfeste.“

Alkoholkonsum im Visier

In der jetzigen, offenen Form – müssten sich Jugendliche ab 20 Uhr fern halten, denn Bierwagen stehen auf der Straße, Bars und Cafés servieren in ihren Außenbereichen alkoholische Getränke. Dabei haben Ordnungs- und Jugendamt den Alkoholkonsum Jugendlicher bei großen Festen ohnehin längst im Visier: „Beim Stadtfest Essen Original, beim Rosenmontagszug und beim Pfingst-Open-Air zum Beispiel sind wir immer mit dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz präsent“, sagt Sozialdezernent Peter Renzel.

Hand in Hand arbeiteten dort Jugendschützer aus Behörden und Verbänden und Ordnungsamt zusammen und mischen sich am Abend ins Festgetümmel, um das Gespräch mit auffälligen Jugendlichen zu suchen oder im Verdachtsfall Ausweise zu kontrollieren. „Die Ansprache läuft gut. Die meisten zeigen sich einsichtig“, sagt Renzel. Selbst wenn sich die Jugendschützer an Orten postierten, an die Jugendliche nach exzessivem Alkoholkonsum meist gebracht würden. „Beim Rosenmontagszug zum Beispiel sind wir immer bei den Maltesern“, sagt Renzel, „doch auch da gab es in den letzten Jahren keine größeren Auffälligkeiten.“

Begrenzt sind die Möglichkeiten für Jugendliche, sich in Clubs und Diskotheken zu betrinken. In den Delta-Musicpark etwa kommt man erst ab 18 Jahren. Ausnahmen gibt’s selbst dann nicht, wenn ein Jugendlicher eine schriftliche Einverständniserklärung der Eltern vorlegen kann.

Gleiches gilt für die Partys in der Zeche Carl. „Allerdings haben wir Veranstaltungen, die Jugendliche auch schon mit 16 besuchen dürfen“, sagt Geschäftsführerin Tonja Wiebracht. Hier gilt die Regelung: 16- bis 18-Jährige dürfen ohne Begleitung der Eltern bis 24 Uhr bleiben. Doch wie kontrolliert man, dass diese Jugendlichen um Mitternacht die Party verlassen? „Wer unter 18 ist, muss am Eingang seinen Ausweis hinterlegen und ihn bis 24 Uhr wieder abholen.“ Besondere Regelungen gibt’s in der Zeche Carl für Konzerte, die Jugendliche als Zielgruppe haben. „Da fangen wir dann schon um 19 Uhr an, damit es nicht zu spät wird.“ Ähnlich jugendfreundlich plant das Grend Kulturzentrum in Steele. „Eigentlich sind Jugendliche nicht unsere Zielgruppe, ist das aber doch der Fall, kann man den Beginn des Konzertes auf 18 Uhr vorverlegen“, erklärt der Leiter des Konzertbereichs Markus Meyer.

Bußgeld droht

Rigoros wie im Delta Musicpark wird an der Tür des Hotel Shanghai kontrolliert: „Wer unter 18 ist, hat keinen Zutritt“, sagt Jan Schueler, „die Türsteher kontrollieren die Ausweise sehr genau.“ Und falls bei Kontrollen durch Ordnungs- und Jugendamt nach 24 Uhr dennoch Minderjährige angetroffen werden? „Da muss man sehr genau hingucken“, sagt Stadtsprecherin Jeanette Kern. „Wenn das in einem Lokal zum ersten Mal vorkommt, kann auch ein Gespräch mit dem Betreiber reichen.“ Im Wiederholungsfall aber drohe ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren und ein Bußgeld. Rund 200 Euro muss der Wirt dann auf die Theke blättern.

Doch all diese Maßnahmen greifen nicht, wenn Jugendliche in den heimischen vier Wänden „vorglühen“, was - so sagt ein 17-Jähriger - durchaus üblich sei. Bleibt fraglich, ob die Lokalität das Trinkverhalten massiv beeinflusst, oder nicht doch die Erziehung, wie Sozialdezernent Renzel betont: „Wenn wir unsere Kinder stark machen und ihnen genug Selbstvertrauen mit auf den Weg geben, sind sie gut gerüstet, um Versuchungen zu widerstehen.“