Unna. .

Ein Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren, nach 20 Uhr auf öffentlichen Veranstaltungen mit Alkoholausschank zu sein, soll „Komasaufen“ verhindern. Für diese Idee aus dem Familienministerium erntet Ministerin Kristina Schröder (CDU) bereits Kritik aus eigenen Regierungs-Reihen. In Unna stößt der Plan für die Verschärfung des Jugendschutzgesetzes nicht gerade auf Kritik, sondern vielmehr auf Schulterzucken – es fehlt zumindest akuter Bedarf für eine Sperrstunde.

Diese hätte allenfalls geholfen, als vor Jahren die Tiefgarage am Neumarkt noch ein angesagter Treffpunkt für die Jugend war. „Aber der Neumarkt – da ist tote Hose, es ist eigentlich nichts mehr los“, sagt Peter Niewrzedowski vom Bereich Sicherheit und Ordnung der Stadt. „Momentan haben wir keine Probleme mit Jugendlichen.“

Soweit die Idee der Gesetzesänderung bereits durchsickerte, sollen junge Leute unter 16 Jahren öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerte und Vereinsfeste ab 20 Uhr verlassen, wenn sie ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten sind.

„Mit 16 Jahren nicht mehr alleine auf die Kirmes zu gehen, nur weil irgendwo an einem Stand Bier verkauft wird, das ist mir im ersten Moment komisch vorgekommen“, sagt Stadtsprecher Oliver Böer. Wer dort als Jugendlicher hingehe, verfalle nicht automatisch dem Komasaufen. „Alles was gegen das Komasaufen hilft, ist sicherlich gut – aber es muss dann auch praktikabel sein.“ Aus dem Ministerium sei zunächst nur eine Idee gekommen, „die müssen wir diskutieren, und schauen ob das ein sinnvoller Vorschlag ist“, sagt Böer.

Alleine bei Veranstaltungen wie dem Stadtfest dürfte es für die Ordnungsbehörde schwierig werden, ab 20 Uhr die jungen Gäste zu kontrollieren.

„Ich habe mir selber noch nicht so die Gedanken gemacht, ob eine Sperrstunde wirklich sinnvoll ist“, sagt Werner Wenzel, beim Fachbereich Gesundheit und Verbraucherschutz beim Kreis Unna zuständig für die Suchtkrankenbetreuung. Bei ihm würden eher Erwachsene in der Beratung vorstellig. „Der Durchschnitt ist so Mitte 40“, sagt Wenzel. Die Betroffenen kämen zu ihm, weil sie Zuhause Ärger aufgebaut haben, die Ehefrau sich trennen wolle oder es Probleme am Arbeitsplatz wegen des Alkoholkonsums gebe. Manchmal rufe auch ein Betriebsrat an und melde, dass ein Angestellter stets mit Fahne zur Arbeit erscheine. „Die Alkoholsucht ist ein Prozess, der aber manchmal schon im Kinder- und Jugendalter beginnt.“ Dabei summierten sich oft die Probleme bei den Betroffenen – Trinksucht sei oft verbunden mit anderen psychischen Erkrankungen „Da hat sich dann noch eine Persönlichkeitsstörung oder Depression oder Angststörung mit entwickelt“, sagt Wenzel.

Wer in die Sucht hineinschlittere, habe gemerkt „wenn ich trinke, dann ist alles einfacher und easy. Alkohol wird dann konsumiert wie ein Medikament.“