Essen. . Feuerwehr und Uniklinikum Essen schulen Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator. Finanziert wird das ungewöhnliche Projekt aus Bundesmitteln.

Ein Rettungswagen ist schon mal anderthalb Stunden unterwegs, Klinikärzte sind nicht gegen die im Land weit verbreitete Hepatitis B geimpft, und die Krankenhaushygiene ist auf dem Stand, den wir 1950 hatten. Keine Frage, die Mongolei kann ein wenig Know-How-Transfer im Gesundheitswesen vertragen. Dass diese Hilfe ausgerechnet aus Essen in das Riesenreich zwischen China und Russland gelangt, ist einem engagierten Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Ulan Bator zu verdanken.

Beim Besuch im heimatlichen Oberhausen ging Botschaftssekretär Patrick Kreuz auf die Suche nach einem Experten für Krankenhaushygiene und stieß auf Prof. Walter Popp, der diesen Bereich im hiesigen Uniklinikum leitet. Popp („immer offen für Neues“) folgte dem Ruf des Diplomaten und reiste im Juni 2010 in die Mongolei. Es war der erste von inzwischen neun Besuchen, und der Elan von Popp und seinen Mitstreitern ist ungebrochen. Regelmäßige Begleiter sind der stellvertretende Feuerwehrchef Thomas Lembeck und Jörg Spors von der Bio-Task-Force der Feuerwehr.

Ihr Einsatzbereich umfasst drei Krankenhäuser – von der Uniklinik bis zum Vororthospital – sowie die Mannschaften von Rettungsfahrzeugen. Was sie mitbringen, ist Information. Die rohstoffreiche Mongolei ist kein armes Land, aber geprägt von Jahrzehnten unter sowjetischer Kuratel sowie von einer Steppenlandschaft, die von Nomaden bewohnt wird.

Ein Straßenverkehr wie auf dem Autoscooter

Viereinhalb Mal so groß wie die Bundesrepublik zählt die Mongolei nur 2,7 Millionen Einwohner, von denen 1,2 Millionen in der Hauptstadt Ulan Bator leben. „Die Infrastruktur hält dem Bevölkerungswachstum nicht stand“, sagt Oberbürgermeister Reinhard Paß, der im Mai in das Land reiste. „Der Straßenverkehr erinnert an Autoscooter-Fahren.“

Es fehlen Straßennamen, die Außenbezirke bestehen aus losen Jurtensiedlungen. Da überrascht es kaum, dass ein Rettungswagen über eine Stunde braucht, während er in Essen in der Regel in acht Minuten am Einsatzort ist. Umso wichtiger ist es, dass das Team an Bord gut qualifiziert ist. In der Mongolei aber fuhren bislang Arzt und Krankenschwester mit, der Fahrer hatte jedoch keinerlei medizinisches Wissen. „Wir haben beim ersten Besuch neun Fahrer so geschult, dass sie ähnliche Kenntnisse haben wie deutsche Rettungssanitäter“, sagt Branddirektor Lembeck. Inzwischen haben über 60 Fahrer die Fortbildung absolviert. „Wir hatten früher auch keine Regel zur Sterilisation der Wagen“, sagt der Direktor des Rettungsdienstes in Ulan Bator, Purevdash, der jetzt in Essen zu Besuch ist. Inzwischen kürt man den „Desinfektor des Monats“.

Ärzte waschen sich die Hände noch mit Seifenstücken

Auch Klinikärztin Altannavch spricht von einem Umdenken: „Wir haben die fundamentale Bedeutung der Hygiene für den medizinischen Sektor erkannt.“ Bisher wird OP-Besteck oft nicht sterilisiert, das Personal wäscht die Hände mit Seifenstücken, statt Papier- gibt es noch Stoffhandtücher. Die Hepatitis B-Impfung für Ärzte setzt sich erst allmählich durch.

Finanziert werde die Kooperation durch das Bundesgesundheitsministerium, wie OB Paß betont. Die Kommune ist quasi Baustein einer „deutsch-mongolischen Brücke“. Begleitet wird das Projekt auch vom NRW-Wirtschaftsministerium, unterstützt von Thyssen-Krupp. Vor allem aber leisten die Mitarbeiter von Uniklinik und Feuerwehr viel freiwillige Hilfe. „In der Mongolei gehören Stromausfälle und andere Katastrophen zum Alltag, es ist beeindruckend wie die Menschen damit umgehen“, sagt Jörg Spors. Seine Begeisterung ist echt: Im Sommer 2011 hat er sogar seine Familie zu Ferien in der Mongolei überredet.

Der Vertrag zwischen Ulan Bator und Essen

Am 7. Mai 2012 haben Essen und die mongolische Hauptstadt Ulan Bator einen Vertrag über eine Kooperation im Gesundheitswesen unterzeichnet.

Damit wurde die bereits zwei Jahre lang währende Hilfe zur Selbsthilfe durch Feuerwehr und Uniklinikum Essen auf eine verbindliche Basis gestellt. Sollte der Vertrag nach fünf Jahren nicht gekündigt werden, verlängert er sich um weitere fünf Jahre.

Das Bundesministerium der Gesundheit fördert das Projekt.