Essen. Die Gewerkschaft IG Bau schlägt Alarm: Krankenhäuser sparen an den Kosten für Reinigungskräfte. Die Hygiene komme dabei zu kurz, berichten betroffene Frauen. Nicht mehr als drei bis sieben Minuten pro Zimmer haben sie demnach Zeit, um es gründlich zu putzen.
Obwohl Hygiene in Krankenhäusern wichtig ist, würden viele an ihrem Reinigungspersonal sparen. So beurteilen zwei Betriebsrätinnen die Situation. Beide arbeiten schon lange in der Krankenhausreinigung. Dass ihre Namen genannt werden, wollen sie nicht - aus Angst vor ihren Arbeitgebern. Die Frauen, die Zimmer, OP-Säle, Flure und Behandlungszimmer putzen, würden unter katastrophalen Bedingungen arbeiten. Oft fehle die Zeit, um gründlich zu arbeiten. „Mit der Krankenhaushygiene wird nicht mehr verantwortungsbewusst umgegangen“, kritisiert Susanne Neumann von der Gewerkschaft IG Bau. Als Vorsitzende der Fachgruppe Gebäudereinigung klagt sie, dass viele Kliniken immer weniger Personal für die gleiche Arbeit einsetzen würden.
Die Arbeitsbelastung würde dadurch enorm steigen. Den Frauen werde eine bestimmte Zeitspanne vorgegeben, in der sie ein Zimmer zu reinigen haben. "Zwischen drei bis sieben Minuten beträgt sie je nach Krankenhaus", erklärt Neumann. Viel zu wenig Zeit, um ein Zimmer gründlich zu putzen, findet die Gewerkschaftlerin. Hinzu kommt, dass in vielen Kliniken zwei bis vier Mal in der Woche lediglich eine Sichtreinigung durchgeführt würde. Nur der oberflächliche Schmutz werde an diesen Tagen beseitigt.
Das spiele aber keine Rolle. Entscheidend, so die Einschätzung der Betriebsrätinnen, seien die Kosten und die wollten viele Kliniken senken. „Das Erste, woran gespart wird, sind die Reinigungskräfte“, sagt eine der beiden Frauen, die seit 16 Jahren in der Krankenhausreinigung arbeitet.
Die Fläche hat sich verdoppelt
Als sie in dieser Branche anfing, sei eine Putzfrau für 120 bis 150 Quadratmeter verantwortlich gewesen - mittlerweile sei die Fläche doppelt so groß. „An bestimmten Stellen muss deswegen gepfuscht werden, weil sonst nicht alles zu schaffen ist“, erklärt sie. Weil viele Frauen ihren Job trotzdem gut machen wollen, fielen regelmäßig Überstunden an. Diese seien unbezahlt. „Nicht einmal Frauen, die fit sind, kommen mit der Zeit zurecht“, sagt die Reinigungskraft und fügt hinzu: „Aber die Älteren haben es ganz schwer.“ Umso älter die Frauen seien, umso schwerer falle ihnen der Knochenjob. Sie werden langsamer und machten noch mehr Überstunden. "Die Überstunden sind zwar freiwillig, aber ohne sie würden wir es nicht schaffen, unsere Arbeit zu erledigen", sagt eine der beiden Frauen. Und das alles würden sie meist für nicht mehr als den Mindestlohn von 400 Euro erledigen.
Die Krankenhäuser seien zudem dazu übergegangen, die Reinigung in sogenannte Servicegesellschaften, die Tochtergesellschaften der Krankenhausbetreiber seien, auszulagern. So können sie nach Aussagen von Susanne Neumann, die Mehrwertsteuer zu umgehen und die Personalkosten auf den Mindestlohn drücken. Zudem würden externe Reinigungsunternehmen die tariflichen Vereinbarungen unterlaufen.
Hoher Kosten- und Preisdruck in der Krankenhausreinigung
De Frauen würden darüber hinaus auch seelisch unter der Situation in den Krankenhäusern leiden. "Es belastet sie sehr, wenn sie dafür herhalten müssen, dass schlecht geputzt wurde", sagt Neumann.
Befristete Arbeitsverträge machten die Situation für die Frauen noch problematischer, wie Neumann berichtet. Wehren würden sich die Frauen gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen kaum, weil sie sonst um ihren Job fürchten müssten. "Und die Krankenhäuser verschließen davor oft die Augen", sagt eine der beiden Betriebsrätinnen. An den Tagen, an denen die Sichtreinigung ansteht, soll sie nur eine Stunde Zeit haben, um eine Station mit 15 Zimmern samt Badezimmern, Fluren, Büroraum und Behandlungszimmern zu reinigen. Eigentlich bräuchten sie und ihre Kolleginnen aber zwei Stunden. "Und am nächsten Tag müssen wir dann den doppelten Dreck wegmachen", erklärt sie, weil so viel liegen bleiben sei.
Nicht alle Servicegesellschaften arbeiten unter Zeitdruck
Aber nicht alle Servicegesellschaften arbeiten offenbar so. Ingrid Pompös, Objektleiterin bei der Sana DGS Pro Service GmbH, ist für die Reinigung der Städtischen Kliniken, des Bethesda Krankenhauses und eines Seniorenheims in Duisburg verantwortlich. Die Putzfrauen, die unter ihr arbeiten, haben nach eigenen Angaben etwa zwölf Minuten Zeit, um ein Zimmer in Ordnung zu bringen. „Die Zeit, um die Zimmer zu reinigen, ist völlig gerechtfertig“, sagt sie. Verstehen kann sie die Klagen nicht. „Wenn die Mitarbeiter zu wenig Zeit haben, dann liegt es daran, dass sie vier bis fünf Mal eine rauchen gehen", glaubt sie.
"Solche positive Beispiele sind jedoch die Ausnahme", sagt die die Gewerkschaftlerin Susanne Neumann. Ihre Meinung nach müssten die Zeitvorgaben dringend geändert werden. Dann würde auch die Hygiene in den Krankenhäusern verbessert. Das hätte allerdings auch höhere Kosten zur Folge. Und unabhängig von der Reinigung sind diese im Gesundheitssystem ein generelles Problem.