Essen. . In Kray dreht sich seit dem sensationellen Sieg beim KFC Uerdingen alles um den möglichen Aufstieg. Im Erfolgsfall am Sonntag spielen die Krayer künftig sportlich auf Augenhöhe mit Rot-Weiss Essen, dem Traditionsverein und Klassenprimus von der Hafenstraße. „Wahnsinn“, schwärmt Fan und Hütten-Wirt Michael Kratz.
Wem kommt das nicht spanisch vor? Über der Kleingartenanlage wehen die Farben des Welt- und Europameisters. Der Laubenpieper auf der Parzelle nebenan hat Schwarz-Rot-Gold aufgezogen, und gleich um die Ecke, aus der Altbauwohnung im ersten Stock, wehen die niederländischen Farben. Dabei ist nicht die Euro Gesprächsthema Nummer eins rund um die Buderusstraße. „Alle reden nur über den FC Kray“, weiß Hütten-Wirt Michael Kratz, in dessen Vereinskneipe Spieler und Fans die Nacht zum Tag gemacht haben.
Seit dem sensationellen Sieg beim klassenhöheren KFC Uerdingen am vergangenen Donnerstag steht der amtierende Meister der Niederrheinliga mit einem Bein in der Regionalliga. Wem das nichts sagt: Das Koordinatensystem im Fußballsport dieser Stadt muss neu justiert werden. Denn im Erfolgsfall spielen die Krayer künftig sportlich auf Augenhöhe mit Rot-Weiss Essen, dem Traditionsverein und Klassenprimus von der Hafenstraße. „Wahnsinn“, schwärmt Hütten-Wirt Kratz.
Spontane Aufstiegsfeier wäre kein Problem
Wahnsinn oder unfassbar - diese Wort hört man oft in diesen Tage in Kray, wo sie an den ganz großen Coup ihres FC noch nicht so recht zu glauben scheinen. Über der Krayer Straße wirbt die Freiwillige Feuerwehr für den Tag der offenen Tür und Gantenbergs Brauhaus empfiehlt sich als „Hauptquartier des Prinzenpaares“. Wenn die Elf von FC-Trainer Dirk Wissel aber morgen im Rückspiel nichts mehr anbrennen lässt, könnten die Kicker bald König Karneval in seiner Hochburg den Rang ablaufen.
„Natürlich sind wir stolz auf die Jungs“, sagt Brauhaus-Wirt Franz-Josef Henkel. Der FC sei ein Club, mit dem sich die Krayer identifizierten“, sagt Henkel, der dem Initiativkreis Aktion Kray vorsteht. Für eine spontane Aufstiegsfeier wären sie in Kray jedenfalls schnell gerüstet. Die passende Trophäe gäbe es an der nächsten Ecke bei Selami Kartal in der „Schuh-Oase“. Der macht als Schalke-Fan zwar lieber auf leise Sohle, hätte aber gegen Aufpreis zum Pokal auch die passende Gravur parat. Und ein paar Schritte weiter wären Spieler oder Fans bei Ibo, dem Friseur, an der richtigen Adresse, sollten sie sich im Überschwang der Gefühle spontan eine Glatze scheren lassen wollen. Natürlich reden auch seine Kunden über den FC, berichtet der Figaro.
Der FC Kray ist Meister
Klaus Ismael, in der dritten Generation Inhaber eines Fachgeschäfts für Musikinstrumente hat „mit Fußball nichts am Hut“, freut sich aber für den FC Kray und hat Tröten und Trommeln im Sortiment. Und wie wäre es mit einer passenden Hymne für den FC? „Wir sind seit 102 Jahren hier am Platze und wahrscheinlich das älteste Geschäft im ganzen Stadtteil. Aber von einer Krayer Hymne habe ich noch nichts gehört.“ Vielleicht wäre es langsam an der Zeit, eine zu komponieren.
Noch mag es zu früh sein, um Siegesgesänge anzustimmen. Doch was ein Aufstieg in die aktuell höchste Spielklasse dieser Stadt für den Verein und den gesamten Stadtteil bedeuten würde, fasst Bezirksvorsteher Arnold Kraemer so zusammen: „Es wäre eine ungeheure Aufwertung Krays. Das ist gar keine Frage.“
Lärmbelästigung würde steigen
Kramer wäre ein schlechter Bezirksbürgermeister, sähe er nicht auch die andere Seite: Die Parkplätze rund um die Kray-Arena an der Buderusstraße könnten knapp werden, die Lärmbelästigung für Anwohner steigen. Auch wenn der FC jene Handvoll Spiele, die besonders viele Zuschauer anziehen, nicht in der heimischen Arena wird austragen können, trotz neuer Tribüne, die bis zum Saisonstart fertig sein soll. „Gegen die großen Clubs wie RWE wird man hier nicht spielen können“, weiß Platzwart Wolfgang Frerix, der für sagenhaften Aufschwung, den die Krayer in den zurückliegenden zwei Jahren erlebt haben und dem der Verein nun die Krone aufsetzen kann, das oft gehörte Wort übrig hat: „Wahnsinn.“
Wie auch immer die Partie am Sonntag im Stadion am Uhlenkrug, wohin die Krayer aus Sicherheitsgründen hin ausweichen müssen, ausgehen mag - für reichlich Gesprächsstoff wird gesorgt sein tags drauf beim „Stammtisch für Fußballexperten“ bei Kamps, wo sich Werner Rennings und altgediente Anhänger des FC wie immer zur Manöverkritik treffen. „Der ein oder andere Sponsor dürfte sich im Falle des Aufstiegs wohl noch finden lassen“, hofft Rennings. Vor dem alles entscheidenden Spiel gegen Uerdingen spürt der langjährige Spielerbetreuer aber vor Vorfreude nur eines: „Gänsehaut pur!“