Essen. . Die schwärzesten Prognosen haben sich auch für die Essener CDU bestätigt. Der Wähler strafte die Christdemokraten mit Spitzenkandidat Norbert Röttgen deutlich ab. Die SPD ist hingegen in Feierlaune, das Image der Landesmutter und der Amtsbonus hätten überzeugt, ist sich MdB Rolf Hempelmann sicher.

22.25 Uhr: „Es hat sich ausgezeichnet, dass wir unsere Wahlversprechen gehalten haben“, freut sich SPD-Parteichef Dieter Hilser und zählt die abgeschafften Studiengebühren, das gebührenfreie dritte Kindergartenjahr und Hilfe für angeschlagene Kommunen auf – das also, was schon auf den Wahlplakaten prangt, gleich neben der stets lächelnde auch stets die Landesmutter. „Ihr Amtsbonus hat uns sicherlich auch geholfen“, räumt Hilser ein.

22.00 Uhr: Diese sieben Essener sitzen als gewählte Direktkandidaten im kommenden NRW-Landtag: Thomas Kutschaty (SPD) im Wahlkreis 65 (Essen-Nordwest), Dieter Hilser (SPD) im Wahlkreis 66 (Essener Osten), Britta Altenkamp im Wahlkreis 67 (Essen-Mitte und West), Peter Weckmann (SPD) im Wahlkreis 68 (Essener Süden). Gewählt über die Landesliste sind: Mehrdad Mostofizadeh (Grüne), Ralf Witzel (FDP) und Thomas Kufen (CDU).

21.37 Uhr: Traditionell war es bei Wahlen immer spannend im Essener Süden - und zwar nur im Süden! Bei dieser Landtagswahl war schon wegen der Schwäche der CDU alles anders, das große Duell ist ausgeblieben: Der Sozialdemokrat Peter Weckmann hat überraschend klar gewonnen, CDU-Routinier Manfred Kuhmichel muss den Landtag nach 22 Jahren verlassen. Weckmann lag schon bei den ersten Zwischenergebnissen um 19.30 Uhr mit über 12 Prozentpunkten vorn. Er sei "machtlos gewesen", bekennt Kuhmichel gegenüber Parteifreunden.

Während in Burgaltendorf am Abend die Sonne untergeht, verfinstern sich auch die Mienen der CDU-Anhänger weiter. Im Gasthof "Zur schönen Aussicht" stellte Kuhmichel konsterniert fest: "An unserem Wahlkampf kann es nicht gelegen haben."

21.06 Uhr: Essens Piraten feiern unterdessen im Düsseldorfer Kulturzentrum Zakk – doch ihren Jubel kann man vermutlich bis an die Ruhr hören. „Die erste Fernseh-Schalte musste abgebrochen werden, weil man vor lauter Lärm nichts verstand“, erzählt Essens Piraten-Sprecher Tim Kowalewski. Das Ergebnis habe die ohnehin hohen Erwartungen noch übertroffen. „Wir sind überwältigt! Endlich im Landtag, endlich an alle Infos kommen und mitbestimmen. Super!“ Nur eins trübt Kowalewskis Partystimmung: „Dass die FDP mehr Stimmen hat als wir: Das hat Lindner gestemmt.“ Den Piraten fehle es an solch prominenten Polit-Profis. „Das ist bei uns ein sensibles Thema, aber auf Sicht werden wir wohl auch einzelne Persönlichkeiten in den Fokus rücken müssen.“ An Bewerbern für Ämter und Mandate werde es nicht mangeln, da macht sich Kowalewski keine Illusionen: „Viele kommen jetzt zu uns, weil wir was zu verteilen haben.“

„Die Piraten uns wichtige Punkte gekostet“ 

20.27 Uhr: Die Niederlage der Linken bewertet Ratsherr Wolfgang Freye als „bitter“. Die Linke sei nun auf den Stand vor ihrer Gründung zurückgeworfen. „Aber immerhin sind wir heute lokal besser verankert als damals“, so Freye. Die Leute hätten offenbar klare Verhältnisse gewollt: „Außerdem haben die Piraten uns wichtige Punkte gekostet.“

19.44 Uhr: Überglücklich ist in Düsseldorf Ralf Witzel, Essens FDP-Parteichef und auch künftig Abgeordneter im Landtag. „Wir sind in diesen Wahlkampf gestartet mit klarer Kante und damals zwei Prozent in den Umfragen. Jetzt sind wir bei deutlich über acht Prozent gelandet. Klare Kante zahlt sich eben aus!“, triumphierte Witzel, der als einer derjenigen bei der FDP gilt, die früh die Neuwahl favorisierten. Die CDU erhalte die Quittung für einen Linkskurs, den sie ihren eigenen Anhängern nicht mehr vermitteln könne . „Die CDU ist gut beraten, ihren inhaltlichen Kuschelkurs mit den Grünen auf allen Ebenen zu überprüfen - das gilt auch für Essen.“ Witzel ist seit langem der Meinung, dass das Viererbündnis in Sachfragen zu sehr von grünen oder auch „sozialdemokratisierten“ Vorstellungen dominiert wird.

Die Essener Kandidaten

Thomas Kufen (CDU), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Klaus Micke
Thomas Kufen (CDU), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Klaus Micke © WAZ FotoPool
Dirk Kindsgrab (Grüne), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Sebastian Konopka
Dirk Kindsgrab (Grüne), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Stephan Dahlmanns (FDP), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Sebastian Konopka
Stephan Dahlmanns (FDP), Wahlkreis 65 (Essen I/MülheimI). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Hiltrud Schmutzler-Jäger (Grüne), Wahlkreis 66 (Essen II). Foto: Klaus Micke
Hiltrud Schmutzler-Jäger (Grüne), Wahlkreis 66 (Essen II). Foto: Klaus Micke © WAZ FotoPool
Eduard Schreyer (FDP), Wahlkreis 66 (Essen II). Foto: Sebastian Konopka
Eduard Schreyer (FDP), Wahlkreis 66 (Essen II). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Ute Baukelmann (CDU), Wahlkreis 67 (Essen III). Foto: Sebastian Konopka
Ute Baukelmann (CDU), Wahlkreis 67 (Essen III). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Detlef Below (FDP),Wahlkreis 67 (Essen III). Foto: Sebastian Konopka
Detlef Below (FDP),Wahlkreis 67 (Essen III). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Matthias Bock (Piraten), Kandidat für den Wahlbezirk 67. Foto: Ulrich von Born
Matthias Bock (Piraten), Kandidat für den Wahlbezirk 67. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Manfred Kuhmichel (CDU), , Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka
Manfred Kuhmichel (CDU), , Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Mehrdad Mostofizadeh (Grüne), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka
Mehrdad Mostofizadeh (Grüne), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Ralf Witzel (FDP), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka
Ralf Witzel (FDP), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Tim Marius Kowalewski (Piraten), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Ulrich von Born
Tim Marius Kowalewski (Piraten), Wahlkreis 68 (Essen IV). Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
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19.25 Uhr: In der Parteizentrale der Grünen am Kopstadtplatz ist die Feier im vollen Gange. An der kommunalen Politik ändere sich aber vorerst nichts, sagte Hiltrud Schmutzler-Jäger und ergänzte: "Es ändert sich etwas, wenn die SPD sich ändert." Mit dem Ergebnis sieht sie die kontinuierliche Linie der Landesregierung in den Bereichen Bildung, Umwelt und Finanzen bestätigt. Die von CDU und FDP initiierte Demontage Hannnlore Krafts als Schuldenkönigin habe nicht funktioniert, so Schmutzler-Jäger.

"Nicht mit einem Sieg gerechnet"

19.19 Uhr: Gut ein Drittel der Wahlkreise sind bislang ausgezählt - das Essener Ergebnis bestätigt die Prognosen auf Landesebene. Demnach entschieden sich bislang 47 Prozent der Essener Wähler für Hannelore Kraft und die SPD. Norbert Röttgen wurde bei den Zweitstimmen mit 18,2 Prozent abgestraft.

19.06 Uhr: CDU-Fraktionschef Thomas Kufen analysiert: Die Landes-Themen hätten diese Landtagswahl entschieden. Die kommunalpolitischen Auswirkungen der Wahl seien "gleich null". Seine Partei habe nun fünf Jahre Zeit, das Ergebnis der Wahl aufzuarbeiten. Kufen erklärte sich bereit, weiter Verantwortung zu übernehmen.

CDU leckt ihre Wunden 

19.00 Uhr: Bei der CDU lecken sie die Wunden. Parteichef Franz-Josef Britz hat nach eigenen Angaben "nicht mit einem Sieg gerechnet", aber auch nicht damit, "dass es so katastrophal wird". Britz fand nur eine Erklärung: "dass wir den falschen Spitzenkandidaten hatten". Nämlich Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Zur Erinnerung: Der Essener CDU-Kreisverband hatte sich im Vorfeld der Wahl für Röttgen-Konkurrent Armin Laschet als Spitzenkandidat ausgesprochen.

18.52 Uhr: Die SPD ist sich ziemlich sicher, dass es im Essener Süden, anders als noch 2010, für den sozialdemokratischen Direktkandidaten Peter Weckmann reichen wird. „Normalerweise reichen da landesweit vier Prozent Abstand zur CDU“, so Hilser - eine Hürde, die man mehr als locker genommen hat, wie die ersten Hochrechnungen schon zeigen.

„Dass wir 0,1 Prozentpunkte abgeben müssen, ist in Ordnung“

18.41 Uhr: Die Verkündung der ersten Hochrechnung beginnt mit einem Erdrutsch: 26 Prozent holt die NRW-CDU – und Essens Grüne jubeln in ihrer Parteizentrale am Kopstadtplatz dazu. „Wir wären zufrieden, wenn wir auf dem hohen Niveau der Wahl vor zwei Jahren abschneiden“, hat sich der Grüne Bürgermeister Rolf Fliß gewünscht. Wenig später sagt er: „Dass wir 0,1 Prozentpunkte abgeben müssen, ist in Ordnung.“ Ein größeres Minus zugunsten der Piraten sahen Wahlforscher für die NRW-Grünen. Doch Mehrdad Mostofizadehs im Landtag steht sicher.

Eine gute Arbeit habe man dem Abgeordneten Mostofizadeh im Wahlkampf bescheinigt, betont Fliß. Durch die Kneipen und Fußgängerzonen ist er in den vergangenen Wochen gezogen, „die Stimmung war gut“, sagt er. Unterbrochen wird er vom Telefon. Die Grüne Umweltdezernentin Simone Raskob möchte gratulieren. „Die Wähler unterstreichen damit, dass sie mit unserer Arbeit in den letzten beiden Jahren einverstanden sind“, sagt Raskob. Die "Rumeierei", so sagt die Essener Grüne Hiltrud Schmutzler-Jäger, "sie hat ein Ende. Endlich haben wir eine stabile Mehrheit und sind nicht mehr in der Minderheitsregierung".

18.23 Uhr: Überwältigt vom guten Abschneiden ihrer Partei sind die FDP-Anhänger, die im Rüttenscheider Bliss die Wahlergebnisse verfolgen. Dort sieht es nach ersten Prognosen so aus, als würde Thomas Nückel direkt in den Landtag einziehen können. "Wir sind drin!", jubelte FDP-Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß nach Veröffentlichung des ersten Ergebnisses. Fraktionsvorsitzender Klaus Budde sprach das gute Abschneiden vor allem dem Promi-Faktor von Spitzenkandidat Christian Lindner zu, der ähnlich wie Kubicki in Schleswig-Holstein zum Erfolg beigetragen habe.

"Noch schlechter als bei der alten PDS" 

18.14 Uhr: Gedämpfter ist die Stimmung der Linken, die im Panoptikum zur Wahlparty zusammen gekommen ist. Zum Jubeln ist den etwa 30 Mitgliedern aber nicht zu Mute. Nach dem vorläufigen Ergebnis von 2,6 Prozent schaffen es die Linken nicht mehr in den Landtag. Die Schuld daran gibt Hans Peter Leymann-Kurtz, Chef der Essener Linken, der Parteispitze in Düsseldorf selbst. Sie habe es nicht geschafft, Inhalte nach außen zu transportieren. Für Unmut sorgte eine Äußerung Gabriele Giesekes, die sagte, das Ergebnis sei "noch schlechter als bei der alten PDS". Leymann-Kurtz sprach vom "dümmsten Kommentar" des Abens, der niemandem weiterhelfe.

18.04 Uhr: Feierlaune bei der Essener SPD: Dort hat man die ersten Hochrechnungen mit Jubelrufen quittiert. Für Bundestagsabgeordneten Rolf Hempelmann ist der Erfolg zu großen Teilen Hannelore Kraft anzurechnen, deren Amtsbonus und Image als "Landesmutter" beim Wähler angekommen seien. "Wenn es nach uns geht, können wir die Kommunalwahlen gleich mitmachen", sagte Hempelmann. Mit Häme reagierten die Parteimitglieder auf die Niederlage der CDU. (dowe, pHes, sk, Cla.P, JeS, schy, F.S., wan, wati)

Das vorläufige Endergebnis in Essen um 22.18 Uhr 

In den 433 Wahlbezirken wurden die Stimmen von 253.195 Wählerinnen und Wählern gezählt. Die Wahlbeteiligung liegt damit bei 58,8 Prozent - und damit ebenso hoch wie bei der vergangenen Landtagswahl 2010.

ErststimmeWahlkreis 65 (Essen I/ MülheimI)Wahlkreis 66 (Essen II) Wahlkreis 67 (Essen III)Wahlkreis 68 (Essen IV)Gesamt
SPD58,1 (52,2)54,1 (50,2)52,1 (47,2)43,5 (38,1)50,8 (45,8)
CDU21,5 (27,8)22,0 (28,1)20,6 (26,3)32,0 (39,3)25,1 (31,5)
Grüne5,9 (6,9)7,2 (7,0)9,8 (11,9)10,2 (11,6)8,5 (9,6)
FDP2,7 (2,7)3,4 (3,3)3,5 (3,8)6,1 (5,1)4,2 (3,9)
Linke3,1 (6,0)3,4 (7,2)4,0 (8,0)2,0 (4,1)3,0 (6,0)
Piraten8,7 (-)8,8 (-)9,8 (-)6,3 (-)8,1 (-)
ZweitstimmeWahlkreis 65 (Essen I/ MülheimI)Wahlkreis 66 (Essen II) Wahlkreis 67 (Essen III)Wahlkreis 68 (Essen IV)Gesamt
SPD51,9 (47,3)49,3 (44,9)44,4 (41,0)38,4 (33,2)20,0 (28,8)
CDU17,9 (25,4)18,5 (26,2)16,8 (24,3)24,1 (35,4)45,0 (40,5)
Grüne8,6 (8,5)9,7 (9,3)14,5 (14,3)14,2 (14,6)12,0 (12,0)
FDP4,8 (4,3)5,2 (4,2)5,9 (4,6)11,7 (7,4)7,5 (5,4)
Linke2,8 (6,7)3,2 (7,4)4,0 (8,3)2,0 (4,6)2,9 (6,5)
Piraten8,2 (1,3)8,1 (1,3)9,3 (1,8)6,3 (1,1)7,8 (1,3)