Essen. . „Wir können zum ersten Mal in 103 Jahren Vereinsgeschichte das Double holen, wir können Geschichte schreiben“, fiebert BVB-Fan Fred Riemenschneider dem Pokalfinale am Samstagabend in der Hauptstadt entgegen. Essener Fans von Borussia Dortmund machen sich auf den Weg nach Berlin. In der Heimat hat man es als BVB-Fan in Essen nicht immer leicht.
„2008 war schon der Wahnsinn“, erinnert sich Dominik Unterein mit leuchtenden Augen, „und dieses Jahr ist noch viel mehr möglich.“ Ja, es ist momentan leicht, als Fan von Borussia Dortmund ins Träumen zu geraten. Die Deutsche Meisterschaft wurde verteidigt und am Samstag steht nun der letzte Höhepunkt der Saison an: das Pokalfinale in Berlin gegen den FC Bayern München.
„Wir können zum ersten Mal in 103 Jahren Vereinsgeschichte das Double holen, wir können Geschichte schreiben“, fiebert Fred Riemenschneider dem heutigen Abend entgegen. Dass er dann selbst im Stadion stehen wird, konnte der 21-Jährige lang nicht glauben. „Es haben sich hunderttausende um die Karten beworben und ich bin dabei, das ist unglaublich“, so der Überruhrer. In der Tat hatten sich laut BVB 328.000 Fans um nur knapp 20.000 Tickets beworben, Glück hatte letztlich fast ausschließlich ein Teil der gut 60.000 Vereinsmitglieder.
„Das war schon wie Lotterie spielen, mit dem Sechser, der später im E-Mail-Postfach lag“, erinnert sich Dominik an den Tag vor drei Wochen, als er das Reservierungsschreiben für zwei Eintrittskarten im virtuellen Briefkasten vorfand. „Die Freude war riesig, schließlich bin ich auch schon vor den erfolgreichen Zeiten zum BVB gefahren und war auch beim letzten Finale im Stadion.“ Das war 2008, damals dürfte wohl kein Borusse auch nur von zwei Meisterschaften hintereinander und einer baldigen Rückkehr nach Berlin geträumt haben, zu miserabel war die sportliche Leistung seinerzeit.
Mehr Fans des Erzrivalen
„Das war auch als Essener BVB-Fan nicht ganz einfach“, erinnert sich Fred. Schließlich beherberge Essen seit jeher mehr Fans des Erzrivalen aus Schalke als schwarz-gelbe Fußballfans. „Die Lästereien waren damals enorm, die spielten oben mit und wir kämpften um den Klassenerhalt.“ Einzig der Zusammenhalt mit den Rot-Weiss-Fans habe das gestärkt. „Da verbindet die Rivalität dann doch“, sind sich alle drei einig. Mit der Übernahme des Erfolgscoaches Jürgen Klopp kam Mitte 2008 die Wende, auch für Gianluca Piras: „Ich hatte damals zeitweise echt keine Lust mehr ins Stadion zu gehen, die Sprüche der Gelsenkirchener waren nervig.“ Heute kann er wieder lachen, nur eins ärgert ihn: „Dass ich damals aus zeitlichen, aber auch aus sportlichen Gründen meine Dauerkarte abgegeben habe.“
Immerhin beim letzten Saisonhöhepunkt ist er jetzt wieder live und hautnah im Stadion dabei. „Die Fanabteilung des BVB, bei der ich Mitglied bin, setzt einen Sonderzug für 950 Leute ein, da habe ich zum Glück einen Platz bekommen – inklusive Eintrittskarten für die Fankurve“, freut sich der 20-jährige Student. Auf dieselbe Weise geht’s auch für Dominik nach Berlin, Ziel ist am späten Vormittag der Ostbahnhof. „Dann treffen wir uns mit allen anderen Fans an der Gedächtniskirche, das ist Kult“, erklärt der 22-Jährige. Für Riemenschneider fuhr der Zug gen Hauptstadt bereits gestern ab. „Berlin ist eine tolle Stadt, da möchte ich die Atmosphäre schon ein weniger früher aufsaugen“, so der Eventmanagement-Student.
Noch in der Nacht zum Sonntag geht es für die Sonderzug-Fahrer zurück, „mit dem Pott zurück in den Pott, das wäre ein Traum“, lacht Piras. Ob das klappt? „Die Bayern konzentrieren sich schon auf das große Champions-League-Finale nächste Woche, wir sind heiß“, ist er sich sicher, das erste Double, zwei große Titel in einer Saison, feiern zu können. Fred nickt zustimmend, Dominik ist da skeptischer: „Wir haben die Bayern jetzt vier Mal hintereinander geschlagen, ein fünfter Sieg wäre schon unglaublich – aber die Hoffnung ist natürlich da.“
Dann wieder nach Dortmund
Wie das Spiel im Olympiastadion auch ausgeht, die Meisterfeier am nächsten Abend in Dortmund wollen sie alle mitnehmen, „auch wenn das ein echt harter Sonntag wird“, lacht Piras. Um 6 Uhr soll der Zug wieder in Dortmund sein, gegen 7 Uhr in Essen. „Dann geht’s direkt zur Kommunion meiner Schwester in die Kirche, später wählen und dann wieder nach Dortmund.“ Etwas vorausschauender war da Riemenschneider der bereits „letzte Woche per Briefwahl mein Kreuzchen gemacht“ hat und Unterein verspricht lachend: „Wenn wir den Pokal holen, dann geh’ ich im Trikot ins Wahllokal.“