Berlin. . Borussia Dortmund machte unter Trainer Jürgen Klopp eine rasante Entwicklung durch. Kapitän Sebastian Kehl sieht den Grund für den Erfolg aus der Mischung einer “neuen Philosophie mit jungen Spielern“.

In vier Jahren vom Loser zum Winner: Die Entwicklung von Borussia Dortmund ist bemerkenswert, wenn nicht sogar erstaunlich. Sebastian Kehl kann die rasante Entwicklung in seinem Verein, für den er nun seit zehn Jahren spielt, wie kaum ein anderer beurteilen. Besonders die Spanne zwischen den DFB-Pokal-Finals 2008 und 2012, in dem der BVB als deutscher Meister auf Bayern München trifft, ist fast eine eigene Story.

2008 verlor Kehl das Finale von Berlin 1:2 n.V. gegen die Bayern, und auch wenn die Niederlage knapp ausfiel, sie war nicht unverdient. Die Konstellation vor dem Samstag stellt sich nun ganz anders dar. Dortmund ist Meister und Favorit. "Vieles hat natürlich mit Jürgen Klopp zu tun. Es wurde eine neue Philosophie mit jungen Spielern eingeführt", sagte Kehl am Freitag auf der abschließenden Pressekonferenz. Ja, an Jürgen Klopp ist der steile sportliche Aufstieg festzumachen.

Klopp mistet aus und setzt von nun an auf die eigene Jugend - und landen den Transfer-Coup schlechthin mit Shinji Kagawa

2008 kam der 44-Jährige zum BVB. Er fand eine Mannschaft vor, in der zwar Talent steckte, aber auch einige überalterte Spieler. Zusammen mit Sportdirektor Michael Zorc, der angesichts der finanziellen Lasten des Vereins von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke klare Vorgaben hatte, fing Klopp an, zu suchen und auszumisten. 2009 verpasste man als Sechster noch den Einzug in das internationale Geschäft, 2010 dann klappte das mit dem fünften Rang. Und dann gelang dem BVB schon vor dem ersten Spieltag der wohl größte Sieg, in dem man einen Japaner namens Shinji Kagawa für 350.000 Euro Ablösesumme verpflichtete.

Dazu wurde verstärkt auf die eigene Jugend gesetzt. Nationalverteidiger Marcel Schmelzer stammt dort her, und nicht zuletzt der mit unglaublichem Talent gesegnete Mario Götze. Dortmund wird am Ende der Saison Meister - auch ohne Shinji Kagawa, der nach einem Fußbruch bei der Asienmeisterschaft die gesamte Rückrunde verpasste. Die vorläufige Krönung der Entwicklung war die abgelaufene Saison, in der das Siegen für die Mannschaft fast schon zu einer Selbstverständlichkeit wurde.

Sebastian Kehl sagt, dass "die Gier" nach Erfolgen der Kern sei. Für Jürgen Klopp ist entscheidend, dass die Mannschaft es schaffe, in jedes Spiel "Finalcharakter hinein zu interpretieren". Die unglaublichen Rekorde von 81 Punkten, 47 Zählern in einer Rückrunde und 25 Saisonsiegen sowie 28 Spielen in Folge ohne Niederlage innerhalb einer Saison sind der Ausdruck dessen.

Wirtschaftlich geht es beim BVB bergauf, jetzt fehlt nur noch die internationale Klasse

Die sportliche Entwicklung schließlich half der wirtschaftlichen ungemein. Hans-Joachim Watzke konnte Verbindlichkeiten, die nach dem Rückkauf des Stadion einmal 180 Millionen Euro betragen hatten, um mehr als zwei Drittel reduzieren. 2005 hatte Watzke zusammen mit BVB-Präsident Reinhard Rauball innerhalb von zwei bangen Tagen die Anleger des einzigen deutschen börsennotierten Klubs davon überzeugt, einer Kapitalerhöhung zuzustimmen. Das Okay rettete den Klub vor der Insolvenz.

Jetzt ist man wieder in der Lage, mehr als 17 Millionen Euro für einen Spieler wie Marco Reus zu investieren. Natürlich muss man sich immer wieder damit auseinandersetzen, dass der eine oder andere Spieler auch Herausforderungen im Ausland suchen wird. So zum Beispiel Shinji Kagawa, der Dortmund wohl verlassen wird. Wahrscheinlich zu Manchester United.

Die internationale Klasse fehlt dem BVB nur noch. In der Europa League 2010/2011 scheiterte man ebenso sang- und klanglos wie in der gerade abgelaufenen Saison in der Champions League. Auch deshalb, aber vor allem wegen des sportlichen Potenzials sagte Jürgen Klopp, der seinen Vertrag wie Zorc und Watzke bis 2016 verlängert hat: "Bei uns ist noch viel Luft nach oben." (dapd)