Essen. Tel Avivs Oberbürgermeister Ron Huldai hat Essen spontan einen 24-stündigen Besuch abgestattet. Erst vor einem Monat hatte eine Delegation um Essens Stadtoberhaupt Reinhard Paß die israelische Partnerstadt besucht. Beim Kurzstopp wurden nun erste Details einer universitären Kooperation verabredet.
Strenggenommen ist schon der Begriff Städtepartnerschaft irreführend. Städte können keine Partner sein, alles hängt von den Menschen ab, die diese Partnerschaften stiften, prägen, leben. Was Essen und das israelische Tel Aviv angeht, dämmerte die mehr als zwei Jahrzehnte alte Partnerschaft etwa zwei Jahrzehnte lang vor sich hin.
An diesem Mittwoch steht Tel Avivs Oberbürgermeister Ron Huldai in der 22. Etage des Rathauses und wischt diese betrübliche Geschichte mit einigen herzlichen Worten beiseite: „Manchmal sieht man sich 20 Jahre nicht, manchmal sieht man sich jeden Monat. Hauptsache, wenn man zusammen ist, versteht man sich gut – so wie es hier ist.“ Hier, das ist die Bel Etage des Rathauses, wo nun die Stadtspitze zum Mittagessen mit dem israelischen Gast zusammengekommen ist.
Neugier ist vor Ort gut angekommen
Tatsächlich ist es erst einen Monat her, dass Oberbürgermeister Reinhard Paß mit einer interfraktionellen Delegation nach Israel reiste: Getrieben von dem Wunsch, die Partnerschaft mit Tel Aviv wiederzubeleben – und von der persönlichen Neugier, Land und Leute kennenzulernen. Diese Neugier ist vor Ort gut angekommen, der OB sah sich städtebauliche Projekte und künstlerische Experimente an, besichtigte Schulen und Museen, hörte zu, fragte nach.
Gleich zu Beginn des viertägigen Besuchs stellte der eher hemdsärmelige Ron Huldai klar, dass es Tel Aviv nicht an Partnerstädten mangele. Allein in Deutschland sei man auch mit Köln, Bonn und Frankfurt verbandelt. Überdies pflege man enge Beziehungen zu Wiesbaden, schon im Mai werde er wieder dorthin reisen. Ein Hinweis, den Paß schlagfertig parierte: „Dann können Sie ja bei uns vorbeischauen.“
Eng getaktetes Programm
Der spontane Huldai nahm dann wirklich eine frühere Maschine und passte 24 Stunden Essen in seinen Terminkalender ein. Am 1. Mai trifft er ein, als Paß mit allerlei Tag-der-Arbeit-Terminen belegt ist. Aber er hat seinem Gast eine hübsche Besichtigungs-Tour ausarbeiten lassen: Uri Kaufmann schließt seine Alte Synagoge eigens für Huldai auf, begleitet ihn später nach Zollverein, wo es am Abend ein Essen im Casino gibt. Am Mittwochmorgen setzt sich das Programm fort mit Museum Folkwang, Univiertel und einiges mehr, so dass Huldai beim Mittagessen scherzt: „Das ist Ihre Rache für Tel Aviv.“ Auch dort waren die Termine eng getaktet, und Essen hat ja nur diesen einen Tag, sich zu präsentieren.
Weil es nicht nur ums Präsentieren geht, weil Menschen zusammengebracht, Kontakte geknüpft werden sollen, sitzen beim Essen im Rathaus auch Vertreter von Universität, Folkwang Uni und Uniklinikum. Tel Aviv wünscht sich, dass deutsche Studenten kommen, ein Anliegen, das auf Gegenliebe trifft. „Allerdings sind die Studiengebühren in Israel hoch“, sagt Hanns-Dietrich Schmidt, der sich als Folkwang-Prorektor um Internationales kümmert. Man denke daher über nur zwei- bis vierwöchige Aufenthalte von Studenten und Fachärzten nach, ergänzt Professor Eckhard Nagel von der Uniklinik. Kurzum: Die universitäre Zusammenarbeit hat bei Fisch, Crepes und Kaffee erste Gestalt angenommen.
Und Reinhard Paß begleitet am Abend seinen Gast in die Oper. Tosca – in Wiesbaden.