Essen. Als Praktikanten in Israel belebten Tobias Möller und Denise Walessa die Städtepartnerschaft zwischen Essen und Tel Aviv neu. Kommende Woche reist Oberbürgermeister Reinhard Paß mit einer Delegation in die Partnerstadt.
Ein Praktikum beim Ordnungsamt – so aufregend klingt das erstmal nicht. Doch Denise Walessa (32) und Tobias Möller (23) machten für zwei Wochen beim Ordnungsamt im israelischen Tel Aviv Station und kamen begeistert zurück. Michael Theisen vom Amt für Ratsangelegenheiten und Repräsentation glaubt, dass die beiden städtischen Auszubildenden geholfen haben, Essens Partnerschaft mit Tel Aviv neu zu beleben.
Möller und Walessa werden für die gehobene Beamtenlaufbahn ausgebildet, das heißt, dass sie abwechselnd an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung studieren und Praxisphasen im Rathaus absolvieren. „Dann wurde uns die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes in einer Partnerstadt vorgestellt. Das klang gut“, erzählt Tobias Möller. Per Ausschlussprinzip sei die Wahl auf Tel Aviv gefallen: Nach England oder Frankreich komme man ja öfter, Nischni Nowgorod in Russland und das finnische Tampere haben ihn nicht so gereizt.
Nie zuvor in Israel
„Wir waren beide noch nie zuvor in Israel, das Land und die Kultur schienen uns am interessantesten, die Chance, einen Urlaub in der Sonne anzuhängen, war auch verlockend.“ Darum buchten die Azubis zu den zwei Praktikumswochen zwei weitere Wochen Israel. Im Juni 2011 kamen sie an, bezogen eine Wohnung, die sie per Internet von Essen aus gebucht hatten — in Strandnähe versteht sich. Nach ein paar Tagen zum Eingewöhnen traten sie ihren Dienst beim Ordnungsamt an; ohne je im heimischen Ordnungsamt hospitiert zu haben.
Das freilich hätte auch wenig geholfen: „Wir hätten in Israel nicht den simpelsten Brief lesen können, weil wir die hebräische Schrift nicht beherrschen.“ So landeten die Praktikanten nicht in einer Amtsstube, sondern im Außendienst, wo man – wie überall im israelischen Alltag – mit Englisch gut klarkommt.
Ein Job mit Nebeneffekten
Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien uniformiert und in der Regel in Begleitung eines Polizisten unterwegs, ähnlich wie es das Essener Modell der Ordnungspartnerschaft vorsieht. „Wir waren Tag und Nacht auf den Straßen der Stadt, kontrollierten fliegende Händler am Strand, nahmen Marktstände unter die Lupe.“ Ein Job mit zwei hübschen Nebeneffekten: Die beiden waren bei sommerlichen Temperaturen stets draußen, und sie lernten auch jene Viertel kennen, in die sich der Durchschnittstourist eher nicht verirrt. „Wir hatten täglich unsere Stadtführung.“
Und nächtlich auch: In trubeligen Straßen wurden Bars und Clubs überprüft, nachgeschaut, ob es für den Außenausschank von Alkohol auch eine Konzession gibt, „und ob die Tische nicht über die Linien auf dem Gehweg ragen“. Probleme, wie man sie auch in Rüttenscheid kennt. Tatsächlich hätten die israelischen Beamten auch die gleiche Akribie an den Tag gelegt wie die deutschen Kollegen. Die Praktikanten aber holten sich bei den Streifen Tipps für eigene Ausflüge ins Nachtleben.
Die Praktikanten als Botschafter für ihre Stadt
Das klingt nicht nach dem Krisenherd, als den man sich Israel vorstellt, doch in Tel Aviv ist wenig von der sonst allgegenwärtigen Bedrohung zu spüren. Die Stadt gilt als entspannt und weltoffen, die beiden Praktikanten lernten am Strand und in Bars schnell Einheimische kennen. Selten wurden die jungen Deutschen, die auch die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem besuchten, auf den Holocaust angesprochen. „Meist von Israelis, die deutsche Wurzeln haben.“
Die Stadt Essen kannten freilich auch deutschstämmige Israelis nicht. „Dass wir sogar eine Städtepartnerschaft zu Tel Aviv haben, war völlig unbekannt. Nicht mal Herr Regenbaum vom Amt für internationale Beziehungen wusste etwas über Essen.“ Allerdings hat Tel Aviv mehr als zwei Dutzend Partnerstädte, darunter Metropolen wie New York und Paris. Und so konnten sich Tobias Möller und Denise Walessa als Botschafter für ihre Heimatstadt bewähren. Wenn nächste Woche Oberbürgermeister Reinhard Paß mit einer Delegation nach Tel Aviv reist, darf man bei den Gastgebern nun Basiswissen über Essen voraussetzen.