Essen. Florian Helgath ist neuer Leiter des ChorWerk Ruhr. Seine erste Geangsausbildung erhielt er bei den Regensburger Domspatzen noch unter Georg Ratzinger, dem Bruder des jetzigen Papstes.

Ein wenig wirkt die Karriere von Florian Helgath wie aus dem sprichwörtlichen Bilderbuch. Singen lernte der neue künstlerische Leiter des ChorWerk Ruhr bei den berühmten Regensburger Domspatzen. Dort formte niemand anderes als Georg Ratzinger, der Bruder des jetzigen Papstes, die Knabenstimme des heute 33-Jährigen. Das war in den 80er Jahren. Seither lässt Florian Helgath die Musik nicht mehr los. Er machte sie zum Beruf.

Nach der Regensburger Sängerschmiede - Helgath besuchte auch das Internat der Domspatzen - folgte das Studium an der Münchener Hochschule für Musik und Theater. Natürlich, möchte man fast sagen, mit dem Fach Chordirigieren. Meisterklassendiplom, Kurse bei internationalen Größen ihres (und seines) Fachs, wie Stefan Parkman, Helmut Rilling oder Jos van Veldhoven. Letztere sind auch durch ihre Auftritte in Essens Philharmonie oder dem Aalto-Theater bekannt. Und Florian Helgath schlägt ein in der Szene. Mittlerweile ist er Leiter des Dänischen Rundfunkchors, des Vita Nova Chors seiner Münchener Wahlheimat - wo er mit Frau und Nachwuchs lebt - und regelmäßig zu Gast bei wichtigen Ensembles. Rias Kammerchor, Berliner und Niederländischer Rundfunkchor, SWR Vokalensemble: die Liste liest sich imposant.

Konzerte blieben auf gutem Niveau

Für zunächst drei Jahre verpflichtete man Helgath nun als Chef des ChorWerk Ruhr. Der 1999 als Vorzeigeensemble des Reviers gegründete Chor mit seinem Kern aus 24 Profi-Sängern, hatte seit dem Weggang des Gründungsleiters Frieder Bernius trotz seiner Einbindung in die Ruhrtriennale etwas an Fahrt verloren. Die Konzerte blieben auf gutem Niveau, aber eben nicht immer herausragend.

Florian Helgath gibt jetzt seinen Einstand. Mit einem reinen A capella Programm mit Werken von der Renaissance bis zur Gegenwart in Dortmunds Reinoldikirche und im Salzlager der Essener Kokerei Zollverein. Die Klassiker sind dabei Palestrinas „Lamentationen des Jeremias“ oder das berühmte „Miserere“, dass Gregorio Allegri einst für Sixtinische Kapelle schrieb. Beides erinnert an Helgaths Regensburger Wurzeln. Als richtungsweisend auch für seine künftige Programmatik dürften Werke der skandinavischen Komponisten Knut Nystedt, Ingvar Lidholm oder Jaakko Mäntyjärvi sein. „Die nordische Chortradition ist hier nahezu unbekannt, dort aber äußerst fruchtbar“, sagt Florian Helgath. Nirgends werde soviel Neues für Chorbesetzung komponiert wie in Nordeuropa, weiß der Leiter des Dänischen Rundfunkchors.

Gespannt auf die Räume des Reviers

Für die Zukunft plant Helgath sechs Projekte pro Jahr mit dem ChorWerk. Die meisten wird er selbst dirigieren. Gespannt ist er vor allem auf die Räume des Reviers. „Mittelalterliche Kirchen wie St. Reinoldi liegen quasi neben Industriekathedralen wie Zollverein, Zollern, der Bochumer Jahrhunderthalle oder den modernen Konzerthäusern in Dortmund oder Essen. alle mit wahnsinniger Akustik.“ Für ihn als Bayern sei das zunächst das interessanteste am Ruhrgebiet. Über Fußball schwieg er sich noch aus.

Das erste Konzert des ChorWerk Ruhr unter dem Motto „Incipit“ mit Florian Helgath gibt es am 4. April, 20 Uhr in der Dortmunder Reinoldikirche, am 7. April, 20 Uhr im Salzlager der Kokerei Zollverein. In der Paterskirche Kempen ist man am 5. April, 18 Uhr zu Gast. Probenausschnitte und ein Gespräch mit Florian Helgath gibt es unter www.youtube.com (ChorWerk Ruhr 60 - Incipit)