Telemann-Oratorium glänzend aufgeführt

Warum bloß wird dieses Werk nicht häufiger aufgeführt? Georg Philipp Telemanns Sing-Gedicht "Der Tag des Gerichts" ist so dramatisch, so vielseitig und von so unglaublicher musikalischer Dichte, dass es sich selbst hinter den meisten Händel-Oratorien nicht verstecken muss.

Doch zum Glück gibt es ja das ChorWerk Ruhr, das sich mutig immer wieder solchen Raritäten widmet. Manchmal leider um den Preis größerer Publikumsresonanz - nur wenige hundert Zuhörer in der Philharmonie, das ist einfach jammerschade. Doch die konzentrierte Aufmerksamkeit und der ungewöhnlich lange Beifall am Ende zeigten, dass die anwesenden Konzertbesucher die Qualität der Aufführung zu schätzen wussten. Und die war exzellent. Da muss man diesmal alle Beteiligten gleichermaßen nennen: die Solisten, den Chor, das Orchester und natürlich Reinhard Goebel als musikalischen Gesamtleiter.

Eindringlich vermittelten die vier Sänger den Text von Christian Wilhelm Alers in Telemanns kunstvoll vertonten Arien und Rezitativen. Markus Brutschers expressiver Tenor ist jedesmal ein Erlebnis, seine Arie "Jetzt weiß ich's, überkluge Köpfe" ein Genuss. Wiebke Lehmkuhls glasklarer Alt strahlt von allen Stimmen vielleicht am hellsten. Tina Scherer, die kurzfristig ein-sprang, glänzt mit dezent leuchtendem Sopran. Stephan Genz gestaltet die Basspartien mit kräftigem Timbre.

Für den Chor hat Telemann zwar nicht die meisten, dafür aber umso effektvollere Nummern komponiert. Und darin beweist das Chorwerk an diesem Abend nicht nur einmal seine Kompetenz. Im zu Beginn der zweiten Betrachtung erklingenden "Es rauscht" kommt das wohl am besten zum Ausdruck.

Reinhard Goebel dirigiert nicht nur das Oratorium, sondern auch die einleitende Motette "Deus judicium tuum regi da" mit Schwung, kann sich dabei voll und ganz auf das großartig disponierte "Ensemble Resonanz" verlassen.