Essen. Die ersten Sonnenstrahlen locken Essens Kleingärtner in ihre Parzellen – über schwindende Mitgliederzahlen können Vereine wie der Kleingärtnerverein Essen West nicht klagen. Im Gegenteil: Interessenten für eine Laube tummeln sich auf der Warteliste. 9400 aktive Kleingärtner gibt es in der Stadt.
Im Kleingärtnerverein Essen West lassen die ersten Sonnenstrahlen die Knospen sprießen und viele Gartenfreunde ergreifen die Gelegenheit beim Schopf. Jetzt wird in den Beeten kräftig angepackt, damit in wenigen Wochen alles in voller Blüte steht. „Moin Manfred, auch am Umgraben?“ Man grüßt sich mit der erhobenen Schaufel über den Zaun.
Über schwindende Mitgliederzahlen kann sich der Verein nicht beklagen. Die rund 300 Parzellen sind alle voll belegt, und auch bei jungen Leuten ist das Interesse an der Gartenarbeit entgegen aller Klischees durchaus vorhanden. „Bei den Jüngeren gibt es zwei Kategorien von Mitgliedern“, sagt der Vorsitzende Klaus Nötzold. „Solche, die den Garten zum reinen Freizeitvergnügen nutzen möchten, und solche, die auf der Ökowelle schwimmen.“ Letzteren ginge es vor allem um gesunde Ernährung mit selbst angebauten Lebensmitteln, die frei von Spritzmitteln und Pestiziden sind. „Das sind junge Familien, die ihren Kindern mal zeigen möchten, wie eine frisch gepflückte Kohlrabi schmeckt.“
20 Interessenten stehen auf der Warteliste
Tatsächlich sei der Großteil der Mitglieder im Rentenalter – wohl auch, weil die Pflege der Gärten äußerst zeitintensiv ist. „Meine Frau und ich verbringen jeden Tag mindestens zwei Stunden hier“, so Nötzold. „Sommer wie Winter.“ Auch der Kosten müsse man sich bewusst sein. So zahlen neue Mitglieder für den einmaligen Erwerb eines Gartens rund 5000 Euro, hinzu kommt etwa ein Euro Nutzungsgebühr pro Tag – Wasser- und Energiekosten ausgenommen. Doch wohingegen man früher noch jahrelang auf eine Parzelle warten musste, kann man heute bereits nach wenigen Monaten ein Angebot bekommen. Auf der Warteliste des Kleingartenvereins West sind derzeit knapp 20 Interessenten vermerkt. Dabei nimmt die Kleingärtnerei in Essen einen hohen Stellenwert ein: So gibt es 104 Vereine mit 250 Anlagen im gesamten Stadtgebiet. Klaus Nötzold schätzt die Zahl aktiver Kleingärtner auf 9400.
Frühlingserwachen im Revier
Umtriebig sind auch Anni und Hans Terhar in ihrem Garten, die sich schon über eine Handvoll blühender Winterlinge freuen. Unkraut jäten, die Triebe der Sträucher stutzen und Kompost verteilen seien jetzt die Hauptaufgaben. „Noch sind wir nicht gegen einen Frosteinbruch gefeit“, sagt Anni Terhar.
Klassische Drittelteilung
Offiziell schreibt der Gesetzgeber den Kleingartenvereinen die sogenannte Drittelteilung vor: Demnach muss mindestens ein Drittel des Gartens mit gärtnerischen Erzeugnissen wie Obst und Gemüse beansprucht sein, ein weiteres Drittel darf baulich mit Hütten, Zäunen oder Pergola genutzt werden und den Rest dürfen Rasen oder Zierpflanzen einnehmen. „Das sehen wir hier alles nicht so eng“, sagt Nötzold. „Hauptsache, die Leute kümmern sich ordentlich um ihre Parzellen.“
Manfred Lüdtke geht da mit gutem Beispiel voran. Er stemmt schon mal die Schaufel, um die ersten Kartoffeln einzusetzen. „Die müssen Sie ein paar Wochen lang auskeimen lassen“, erklärt er, „dann können Sie bald die ersten Frühkartoffeln ernten – die sind jedes Jahr ein Gedicht.“