Essen. Der Kleingartenlehrpfad des Essener Stadtverbandes am Baldeneysee wird nicht von allen Spaziergängern geliebt. Der Stadtverband der Laupenpieper will ihn nicht abräumen.

Man muss nicht lange warten, um rund um den illegal errichteten Unterstand am Baldeneysee lebhafte Bürger-Diskussionen zu erleben. Die Fronten sind dabei klar: Die einen sehen in dem vom Stadtverband der Kleingärtnervereine errichteten und „Wetterhütte Lanfermann“ getauften Bretterverschlag einen nützlichen Zweckbau in einer Gegend, in der ohnehin viele Grundstückseigentümer machen, was sie wollen. Motto: Wo ist eigentlich das Problem? Die anderen fordern, dass die Stadt wie angekündigt hier endlich ein Exempel statuiert und den Wildwuchs an Essens schönster Küste beendet.

Zu letzteren gehört der Heisinger Bürger Andreas Schmitz, der den „grobschlächtigen Unterstand“ als Höhepunkt einer Folge von Fehlentwicklung an diesem Abschnitt des Sees empfindet - und der Kleingärtner-Stadtverband unter Vorsitz von Heinz Schuster spielt dabei für ihn eine tragende Rolle.

Bauschutt und Sperrmüll

In einer sarkastisch betexteten Fotodokumentation hat Schmitz die aus seiner Sicht unhaltbaren Zustände festgehalten, die in dem „Kleingartenlehrpfad“ zu beobachten seien. Dieser verläuft entlang des viel besuchten Panoramawegs am See direkt neben dem zuletzt hinzugekommenen Unterstand und gehört ebenfalls dem Stadtverband. Von „wunderbar romantischen Gartensitzplätzen“ ist da ironisch die Rede, wo in Wahrheit die Anlage bisweilen einer Bauschuttdeponie ähnele.

Besonders angetan im negativen Sinn ist Schmitz von einer Installation aus vier ausrangierten und auf einem Hügel drapierten Kloschüsseln, die auf den schlichten Namen „farbige Blumentöpfe“ hören. Die Ansammlung von Bauschutt, Bruchsteinen und Sperrmüll sowie die sich ausbreitenden „zubetonierten Flächen“ sind für Schmitz ein Skandal. Parallel habe der Anteil von Grünflächen mit Kleingarten-typischer Bepflanzung stark abgenommen. Gefordert sei ein Eingreifen der Stadt.

"Abriss kommt nicht in Frage"

Tatsächlich ist auch der Stadt das Werkeln des Kleingärtner-Stadtverbands am Baldeneyseeufer schon lange nicht mehr geheuer, ohne dass man bisher eine Handhabe sah einzuschreiten. „Das ist schließlich Privatgrund“, sagt Thomas Franke, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Bauordnung. In Sachen „Wetterhütte“, deren Abriss die Stadt fordert, hat Franke erleichtert registriert, dass Stadtverbands-Chef Heinz Schuster einer amtlichen Verfügung durch freiwilligen Abriss zuvorkommen will.

Diese Position ist allerdings im Vorstand offenbar nicht mehrheitsfähig - Schuster wurde inzwischen zurückgepfiffen. „Wir denken gar nicht daran, von uns aus abzureißen“, sagt sein Stellvertreter Klaus Nötzold. Der Unterstand werde von den Bürgern angenommen, die ebenfalls illegal errichtete Toilette daneben auch. Und von „elitären Ästheten“ lasse man sich am See nicht die Agenda diktieren.

Ökologisch wertvoll

Auch der Kleingartenlehrpfad sei in Ordnung, wenngleich Nötzold immerhin einräumt, die Klos seien „gewöhnungsbedürftig“ und an der einen oder anderen Stelle gebe es wohl etwas Aufräumbedarf. Aber: „Die Steinhaufen zum Beispiel sind ökologisch wertvoll, weil sie Kleintiere anziehen. Das wissen natürlich nur Leute, die Ahnung haben.“

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Rückendeckung bekommen die Kleingärtner aus der Stadtteil-Politik. In einem gemeinsamen Antrag von CDU und SPD in der Bezirksvertretung VIII wird der Fortbestand des Unterstands gefordert, „bis eine entsprechende alternative Einrichtung von der Stadt Essen fertig gestellt ist“. Da ein solcher Bau im Landschaftsschutzgebiet, aber auch aus finanziellen Gründen kaum zu erwarten ist, wäre dies faktisch eine Bestandsgarantie.

Der Heisinger CDU-Ratsherr und frühere planungspolitische Sprecher Norbert Schick lobt den Stadtverband für seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit, wann immer es um Planungen der Stadt gehe, bei denen Kleingarten-Grundstücke tangiert sind. Das ist oft der Fall, denn der Kleingärtner-Stadtverband ist Großgrundbesitzer in Essen.

Und während es Schick zufolge am See eine Fülle nicht genehmigter Bauten und anderer baulicher Missstände gibt, würden in Sachen Unterstand durch „bürokratische Überreaktionen“ Leute verprellt, die man noch brauche.