Essen. . „Das hat irgendwie sofort mit uns gepasst“: Martin und Ingeborg Henke feiern in diesem Monat ihre Goldhochzeit. Mit einer kleinen Anzeige in der WAZ begann Anfang der 60er ihre Liebesgeschichte. Dabei stellte gleich das erste Treffen die beiden gebürtigen Schlesier vor eine Herausforderung.

„Du kennst ihn durch die Zeitung? Und willst ihn sofort heiraten? Das kann doch nichts werden!“ - Die Reaktionen, die Ingeborg Henke zu hören bekam, als sie ihre Verlobung bekanntgab, waren - freundlich formuliert - eher skeptisch. Einen Ehemann aus der Zeitung? 43 Jahre sei er, evangelisch und Stenografie-Lehrer im mittleren Beamtenstatus - mehr verrieten die knappen Zeilen in der WAZ nicht. Ingeborg Henke war mutig, schrieb an den nahezu Unbekannten - und feiert am 24. März mit ihm Goldene Hochzeit.

„Das hat sofort geklappt mit uns beiden“, schmunzelt die 82-Jährige. Die WAZ liegt auch heute noch auf dem Esstisch, Martin und Ingeborg Henke sind treue Leser. Spielte die WAZ doch eine entscheidende Rolle in ihrer Beziehung. „Ich habe einfach mal eine Anzeige aufgegeben“, erzählt Martin Henke, „und habe 15 Zuschriften bekommen.“ Darunter die von Ingeborg. Gemeinsam mit der Mutter sichtete die junge Frau damals die Anzeigen. „Ich war ja schon 32 Jahre alt und dachte mir, dass es langsam Zeit würde, wenn ich noch heiraten und Kinder kriegen wollte.“

„Irgendwie wusste ich, dass sie das ist“

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Schnell war ein erstes Treffen vereinbart: Im Café Overbeck, damals wohl der wichtigste Treff der Stadt, wollten sie sich kennenlernen. Und Martin Henke dachte sofort mit: „Damit Sie wissen, wer ich bin, halten Sie einfach um 15 Uhr im Café nach einem Mann Ausschau, der die WAZ liest“, schrieb er seiner Zukünftigen. Klingt gut, dachte sich Ingeborg Henke und so betrat sie Mitte November 1961 ziemlich aufgeregt und neugierig das Café Overbeck.

Gleich beim Reinkommen sah sie den Mann mit der WAZ - und den zweiten und den dritten...sechs Männer saßen an diesem Tag mit einer WAZ in der Hand im Café Overbeck. „Vorne saß einer mit einem furchtbar dicken Bauch, da habe ich nur gedacht, bitte lass es nicht ihn sein“, erinnert sich Ingeborg Henke an den Moment, in dem sie ziemlich ratlos war, welcher der vielen potenziellen Kandidaten denn nun ihre Annoncen-Bekanntschaft sei. Martin Henke erkannte die Notlage der jungen Frau und winkte ihr mit der Zeitung zu. „Irgendwie wusste ich, dass sie das ist.“

Schon beim Lesen von Ingeborgs Brief habe er gewusst, dass sie die Richtige für ihn sei. Die gelernte Krankenschwester erwähnte in ihrem Brief nämlich, dass sie aus Schlesien stamme - genau wie Martin Henke auch. „Das war damals noch eine ganz große Verbundenheit untereinander, da fand ich das schön, dass sie auch von dort kam,“ begründet der 93-Jährige seine schnelle Entscheidung. Und mit der lag er offenbar goldrichtig: Zwei Stunden lang unterhielten sich die beiden; dann wollte Ingeborg Henke gehen, um den Bus nicht zu verpassen. Das kam für Martin Henke nicht in Frage: „Ich fahre Sie mit meinem Auto nach Hause.“ Ganz Gentleman brachte er seine neue Bekanntschaft zurück zur Mutter. „Ich konnte das gar nicht glauben, dass er tatsächlich ein Auto hatte und mich damit auch noch fahren wollte“, erzählt Ingeborg Henke. Danach ging alles ganz schnell: Noch im selben Jahr, am Heiligen Abend 1961, verlobten sich die beiden.

Lieber Tee statt Kaffee

Die standesamtliche Hochzeit feierten sie am 23. März 1962, einen Tag später folgte die kirchliche Trauung. „Da haben schon einige den Kopf geschüttelt, weil sie meinten, dass wir uns doch gar nicht richtig kennen könnten durch so eine Zeitungs-Annonce.“ Dabei klärten Ingeborg und Martin Henke die wichtigen Fragen gleich am Anfang. „Möchten Sie eine Tasse Kaffee trinken?“, fragte Martin Henke seine junge Bekanntschaft unmittelbar, nachdem sie neben ihm im Café Overbeck Platz genommen hatte. „Ich mochte keinen Kaffee und hab sofort gedacht ‘Ohje, so wird das nichts mit uns’“, erinnert sich Ingeborg Henke an die Kaffee-Frage. Doch ihr heutiger Ehemann nahm ihren Befürchtungen sofort den Wind aus den Segeln: „Ich trinke lieber Tee, Sie auch?“

Die beiden Söhne und die drei Enkelkinder sind nicht nur der ganze Stolz der beiden, sie sind auch der beste Beweis: Es kann eben doch etwas werden, wenn man sich über die Zeitung kennenlernt.