Essen. . Mit ihrer Kritik am Kostenschub beim Stadion bleibt die Linke allein. „Transparenz ist nachholbar“, verteidigt die Mehrheit.
Es steht alles parat für einen kleinen Kostenskandal: eine eilig gezimmerte Vorlage für die Politik, ein „heilender“ Beschluss, um die Finanzaufseher in Düsseldorf zu besänftigen, gewagte Gewaltprognosen über enttäuschte Fans, die ohne Ticket vor einem RWE-Heimspiel stehen, Vertragsverhandlungen, von denen selbst der Kämmerer nichts weiß, und hunderttausende Euro, nach denen sich keiner mehr bückt.
Und zur Krönung sitzt dann auch noch einer vom „Spiegel“ hinten in Rathaus-Saal 2.20 und macht sich Notizen. „Luxuslogen für Amateurkicker“ hatte das Zentralorgan aus Hamburg 2009 getextet. Kommt jetzt der Empörung zweiter Teil?
Koalition der Fummler?
Nein, der Kollege recherchiert an einer Schulden-Städte-Story an und für sich, und einen richtigen Skandal um die deutlich erhöhten Stadionkosten gibt es irgendwie auch nicht. Denn noch während im linken Sturmlauf der Ball wortreich aufs politische Spielfeld geflankt wird, hört man das Zischen: Die Luft ist raus, eine „Große Koalition der Fummler“, wie der linke Fraktionschef Hans Peter Leymann-Kurtz sie in einer Mischung aus Enttäuschung und Ärger nennt, hat beschlossen hat, dass man sich in Sachen Stadionkosten eigentlich immer schon ganz gut informiert gefühlt hat, und dass die Kostentransparenz zwar nötig ist, wie Thomas Kufen von der CDU sagt, aber eben auch nachholbar.
Ganz sicher hätte es die erfolgte breite Information auch ohne die jüngste Berichterstattung gegeben, da gehe er Wetten ein, beteuert Kufen, was sich gut sagen lässt, wenn man es nicht mehr beweisen muss.
Dass es an Durchblick nicht nur für die Bürger fehlte, wer wollte das bestreiten: Nicht im Sportausschuss, sondern hinter den verschlossenen Türen des GVE-Aufsichtsrates wurde schließlich beschlossen, aus der Gästesteh- eine Sitztribüne zu machen und VIP-Logen wie Business-Sitze früher als geplant auszubauen.
Im Unterausschuss für Finanzen und Beteiligungen erläuterte GVE-Geschäftsführer Andreas Hillebrand den Grund: Man wolle einerseits in der Interims-Saison 2012/2013 nicht riskieren, dass bei gutem Zuschauerzuspruch aber nur eingeschränkter Kapazität von 7700 Plätzen Fans ohne Ticket zum Sicherheitsrisiko vor dem Bauzaun werden: „Wir fanden das bedenklich“.
Mehrkosten rausholen
Zum anderen will man dem Verein Rot-Weiss Essen mit zusätzlichen Investitionen neue Einnahmen ermöglichen. Im Idealfall, so Hillebrand, könnte man bis zu 300.000 Euro im Jahr mehr erzielen – jene 300.000 Euro, die das neue Stadion bei den Betriebskosten über denen des alten (rund 500.000 Euro) liegt. Ob das gelingt, zeigt sich in den kommenden Monaten: Zehn Logen à 40.000 Euro für jeweils 18 Personen sind auf dem Markt, eine große Lounge für 70 Personen obendrein.
Vertragsverhandlungen soll es geben, mit denen man die Stadtkämmerei erst gar nicht belästigt hat, das Thema ist auch verworren genug. Selbst Kämmerer Klieve patzte erst dieser Tage, als er einen Teil der Mehrkosten – die Baugenehmigungsgebühren und den Grundstücksverkauf – als „Nullsummenspiel“ abtat.
Gegenüber der NRZ musste Klieve einräumen: Allein der Verkauf des Grundstücks von den Sport- und Bäderbetrieben an die GVE kostete gut 102.000 Euro Grunderwerbsteuer. Und auch bei den Baugenehmigungsgebühren – am Ende wird es rund eine Million Euro sein – geht es keineswegs um „linke Tasche, rechte Tasche“, weil dem ja eine Gegenleistung von Personal aus verschiedenen Dienststellen gegenübersteht.
Dass man mit forschen „Die sind ja eh da...“-Sprüchen nicht weiterkommt, dämmert mittlerweile auch der GVE, deren Geschäftsführer Hillebrand ausdrücklich betonte, wie sehr man die Arbeit der Kollegen im Planungs- und Bauordnungsamt schätzt...
Selbst die Linken verloren am Ende die Lust, den Kämmerer nach den übersehenen sechsstelligen Euro-Beträgen zu fragen, SPD-Frontmann Rainer Marschan und CDU-Chef Thomas Kufen hatten beschlossen: „Es läuft da keine Sauerei.“ Alle kennen die Kosten, sie liegen inklusive Grundstück bei 42,5 Millionen Euro. Und wie sagte der GVE-Chef mit Blick aufs neue Stadion? „Es wird schön.“