Essen. Nachdem die Stadt Bochum alle verkaufsoffenen Sonntage gekippt hat, sind auch die Termine in Essen umstritten. Am ersten von 36 Terminen in Rüttenscheid kamen tausende Besucher. Gleichzeitig will sich am Montag auf Verdi-Geheiß eine “Allianz für den freien Sonntag“ gründen.
Unter dem Titel „Rüttenscheid International“ startete der erste von 36 verkaufsoffenen Sonntagen in Essen in diesem Jahr. Zwar kamen bei Nieselregen etwas weniger Besucher als sonst, trotzdem bummelten wieder einige tausend Besucher über die Rü und die Nebenstraßen. Also alles wie gehabt? Von wegen: Die offenen Ladentüren am Ende der Woche sind ein umkämpftes Thema.
„Nanu“, wird sich so mancher Sonntagseinkäufer oder Schaufensterbummler gedacht haben, als das gewaltige Plakat, festgezurrt auf einem Lkw, an ihm vorbeirauschte: „Rot-Grüner Ladenschluss mach mit ihrer Arbeit Schluss“, stand darauf zu lesen. Initiator der landesweiten Kampagne ist – wen wundert’s – die FDP in NRW. Zwischen dem 23. Februar und dem 4. März haben sie ordentlich die Trommel gerührt, 120 Veranstaltungen und Infostände führen die Liberalen an: das sonntägliche Einkaufen als (Schau-)Bühne für den politischen Kampf.
Gleichzeitig gründet sich auf Initiative der Gewerkschaft Verdi am Montagnachmittag eine "Allianz für den freien Sonntag". Mit einer Erklärung wollen sich Verbände und Institutionen gegen die zahlreichen verkaufsoffenen Sonntag einsetzen.
Standort soll gestärkt werden
Die Rolle Rolf Kranes, Veranstalter des verkaufsoffenen Sonntags in Rüttenscheid und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), ist klar. Er will den Standort stärken. „Wir haben hier 80 Prozent Inhaber geführte Geschäfte. Die Politik will immer die Stadtteile gegenüber den großen Einkaufszentren mit den vielen Ketten schützen – so kann sie es tun“, unterstreicht er.
Höherer Umsatz und Marketing für den Stadtteil: Dies sind die beiden Haupteffekte, auf die Krane und geschätzte 170 teilnehmende Geschäfte am Sonntag in Rüttenscheid – auch angesichts der vielen Besucher aus anderen Teilen der Stadt – nicht gerne verzichten möchten. In seiner Funktion als Sprecher der „Interessengemeinschaft Stadtteilzentren Essen“ hat Krane bereits die Landtagsfraktionen und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft angeschrieben.
Zeit für einen Schaufensterbummel
Bei den örtlichen Händlern kann er auf große Unterstützung bauen. Bettina Kämmerer Schleutermann hat für ihr Dessous- und Bademodengeschäft „Lina“ noch im vergangenen Jahr den Branchen-Award „Sterne der Wäsche“ bekommen: „Es sind andere Kunden, die am Sonntag kommen, auch von außerhalb. Für uns lohnt es sich auf jeden Fall“, unterstreicht sie.
Stefanie Krebsbach vom Süßwaren-Spezialitätengeschäft „Feines von Fine“ verdient „nicht die Welt“ an diesem Tag. „Ich würde trotzdem nicht zu lassen: Die Leute haben Zeit für einen Schaufensterbummel und werden eben aufmerksam – auf Dauer gesehen wird das Geschäft bekannter“, sagt sie.
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Karoline (30) und Benedikt (28) Schmitz haben mit Töchterchen Viktoria (1,5) im Alltag kaum Gelegenheit zum gemeinsamen Bummeln. „Wenn man länger arbeitet, ist das einfach nicht möglich. Und zum Einkaufen bleibt nur immer der Samstag – ich bin sowieso für längerer Öffnungszeiten“, sagt Benedikt Schmitz. Auch Heinz Steinforth (63) und Rosita Dehmann (62) nutzen gerne die „geschenkte“ Einkaufszeit. „Ich arbeite sechs Tage in der Woche und gehe gerne sonntags einkaufen. Außerdem ist die Stimmung besser, viel urlaubsmäßiger“, beschreibt Heinz Steinforth. Und das trotz Regen.
Kaufrausch am Sonntag