Essen. . Nicht gern unter Menschen ging Regina Kaiser, als wir sie erstmals trafen. Verloren hat die 53-Jährige in den vergangenen neun Monaten 54 Kilo und im Gegenzug an Lebensqualität gewonnen. Eine Magenverkleinerung hat ihr geholfen. 178 Kilogramm brachte sie einst auf die Waage.
Vielleicht erinnern Sie sich an Regina Kaiser, die wir erstmals im März 2011 besuchten – doch wiedererkennen werden Sie sie kaum. Verloren hat sie in den vergangenen neun Monaten 54 Kilo und im Gegenzug an Lebensqualität gewonnen. Man kann diese Veränderung ganz gut an einem Satz festmachen: „Ich bin jetzt irgendwie immer unterwegs.“
Was vor Monaten noch anders klang: Nicht gern unter Menschen ging die 53-Jährige, als wir sie erstmals trafen, „ich hatte immer das Gefühl, angestarrt zu werden, weil ich so dick bin“. Dabei ist Regina Kaiser eine lebensfrohe Frau, ist positiv gestimmt und war trotz der Pfunde aktiv im Haushalt, in der Familie. „Dass ich mir etwas vorgemacht und unbewusst viele Dinge vermieden habe, das wird mir erst jetzt klar“, sagte sie bei unserem zweiten Besuch. Das war nach der Magenverkleinerung, nachdem sie bereits mehr als 30 Kilo verloren hatte.
Heute zeigt die Waage, die sich am Tag der Operation noch bei 178 Kilo eingependelt hatte, insgesamt gar 54 Kilo weniger. „Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass ich solche Massen mit mir rumgetragen habe.“ Dafür kann sie nun Dinge tun, die es früher nur in ihrer Vorstellung gab. In einen Biergarten gehen, ohne von den Armlehnen eingezwängt zu werden, gemütlich in einem Kinositz Platz nehmen, Kleidung in einem ganz normalen Geschäft kaufen. „Ich habe inzwischen fünf Kleidergrößen weniger“, sagt die zweifache Mutter.
Ein Jahr Krankenschein
Der Haarschnitt ist neu, die Haarfarbe auch. Doch wenn man Tochter Stefanie Kaiser nach der für sie augenfälligsten Veränderung fragt, dann sagt sie: „Meine Mutter strahlt von innen heraus.“ Längst beschränke sich die Veränderung also nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild. Und damit hat Regina Kaiser lange vor dem Ende der Gewichtsabnahme erreicht, was sie sich am meisten wünschte: ein neues Lebensgefühl.
So bereitet ihr selbst der Verlust des Jobs keine allzu großen Sorgen. „Schon vor der Magenverkleinerung war ich krank geschrieben, weil ich mit einer Hand große Probleme hatte.“ Dann kam die Magen-OP. Und als schließlich ein Jahr der Krankschreibungen ins Land gestrichen war, kündigte ihr der Chef. Dafür hatte Regina Kaiser Verständnis: „In einem kleinen Betrieb mit nur zwei Angestellten geht es nicht, dass jemand ein Jahr lang fehlt.“ Heute arbeitet sie beim alten Chef als 400 Euro-Kraft und besucht nebenbei einen Lehrgang für die Betreuung von Demenz-Patienten, der in Bochum angeboten wird.
Nur noch kleine Portionen
Vorbei ist die Zeit der Einschränkungen. „Ich bin richtig süchtig, neue Dinge kennen zu lernen, neue Erfahrungen zu sammeln. Für mich ist das wie ein neuer Anfang.“
Doch so positiv Regina Kaisers Erfahrungen auch sind – die Operation ist ein schwerer Eingriff, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Ein Großteil des Magens wurde entfernt, das Volumen auf rund 100 Milliliter Fassungsvermögen reduziert. Nur kleine Portionen kann sie heute essen. Ein Becher Joghurt – schon ist die zweifache Mutter satt. „Mit der Familie essen zu gehen, das kommt nicht mehr in Frage. Ich kann mir ja schlecht eine halbe Kinderportion bestellen.“ Die Reste des Mittagessens bleiben stehen, „ohnehin stelle ich mir immer einen kleinen Dessert-Teller auf den Tisch. Wenn ich einen großen Teller nehme, sieht das Essen darauf verloren aus.“ Probleme habe sie mit der Umstellung nicht mehr. Doch in den ersten drei Monaten nach der Operation lief es nicht gut.
Reduzierter Süßigkeiten-Konsum
„Vor dem Eingriff war mein Blutdruck zu hoch, anschließend zu niedrig.“ Häufige Übelkeit und Schwindelgefühl waren über Wochen an der Tagesordnung. Ob sie es bereut? „Auf keinen Fall. Ich habe heute eine ganz neue Lebensqualität. Ich bereue höchstens, dass ich mich nicht früher habe operieren lassen.“ Sparen würde die Familie nun an Lebensmitteln, auch der Süßigkeiten-Konsum sei drastisch gesunken. „Ich esse zwar alles, aber eben nur in kleinen Mengen.“
Gestiegen seien dafür die Ausgaben für neue Kleidung. „Ich sehe eigentlich gar nicht, dass ich so viel abgenommen habe. Aber wenn ich Hosen von früher anziehe, wird das schon sehr deutlich.“ Ob es noch ein Ziel gibt? „Ich würde gern auf 99 Kilo kommen“, sagt Regina Kaiser. Dass sie ein normales Durchschnittsgewicht erreichen kann, glaubt sie nicht. „Die Ärzte haben gesagt, durch die Magenverkleinerung könne ich 60 bis 70 Prozent des Übergewichts verlieren. Das würde mir reichen.“ Ob Regina Kaiser damit Recht behält – sehen wir in einigen Wochen.