Ehepaar aus Essen kritisiert späte Rettung auf Costa Concordia
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Essen. Sie hatten von einer Kreuzfahrt geträumt. Doch die Reise mit der „Costa Concordia“ sollte für Dietmar und Sabine Wegner zum Alptraum werden. „Wir sind froh, dass wir noch leben“, sagt der 57-Jährige und berichtet von einer Schiffsreise, die in einer Katastrophe endete. Den Kapitän habe er als “Schönling“ erlebt, sagt Dietmar Wegner.
Die Bilder von dem weißen Luxusliner, der vor der kleinen Insel Giglio gestrandet ist wie ein Wal, gehen seit Tagen um die Welt. Dabei hatte die Reise so begonnen, wie das Ehepaar von der Margarethenhöhe es sich erträumt hatte: Ein wundervolles Schiff, mit luxuriösen Speisesälen, Theatern, Fitnesscentern, eine ruhige See vor einer malerischen Küste.
„Wir wären abgesoffen“
Es ist der letzte Abend an Bord. Am Tag haben die Wegners Rom besichtigt, die ewige Stadt. „Time to say good bye“ hat die Band zum letzten Bankett gespielt. Bei einem Glas Wein genießen Dietmar und Sabine Wegner in ihrer Kabine auf Deck 8 die letzten Stunden ihrer Traumreise, als gegen 21.30 Uhr ein heftiger Ruck durchs Schiff geht. „So heftig, wie wenn man auf der Kirmes im Autoscooter von hinten gerammt wird“, beschreibt Dietmar Wegner die Wucht des Schlages.
Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Ein Felsen hat den Rumpf der „Costa Concordia“ aufgeschlitzt wie eine Konservendose. Kurz darauf geht das Licht aus. Aus den Lautsprechern kommen Durchsagen: Es handele sich um einen technischen Defekt, alles sei unter Kontrolle. „Wir haben das zuerst geglaubt“, berichtet Dietmar Wegner. Als er auf den Balkon der Doppelkabine hinaustritt, hat das Schiff bereits Schräglage, bedrohlich neigt es sich zur Seite. „Wir wären abgesoffen“, weiß Dietmar Wegner heute.
Mit Äxten auf Winden und Trossen eingeschlagen
Das Ehepaar steckt noch schnell Geld, Papiere und Handy ein. Dann machen sich die Wegners auf den Weg zum Rettungsboot, so wie sie es bei einer Sicherheitseinweisung zu Beginn der Reise geübt hatten. Auf den Gängen brennt Notbeleuchtung, vier Decks muss das Paar hinabsteigen. Vor dem Rettungsboot drängen sich Passagiere. „Viel hätte nicht gefehlt und die Leute hätten es gestürmt.“ Als das Paar endlich im überfüllten Boot sitzt, erlebt es die wohl dramatischsten Momente der Evakuierung.
Das Rettungsboot lässt sich nicht abfieren, Besatzungsmitglieder schlagen mit Äxten auf Winden und Trossen ein, um es freizubekommen. Zwei Mal sackt das Boot ab. Dann endlich taucht der Rumpf ins Wasser ein. Wenig später erreichen die Schiffbrüchigen den rettenden Hafen der Insel. „Wir waren nur froh, endlich Land unter den Füßen zu haben“, gibt Wegner Einblick in sein Gefühlsleben und das seiner Frau.
Rettung viel zu spät eingeleitet
Inzwischen sind die Wegners wohlbehalten nach Essen zurückgekehrt. Viel zu spät sei die Rettung eingeleitet worden, kritisiert Dietmar Wegner im Rückblick. Kapitän Francesco Schettino, den alle Welt für die Katastrophe verantwortlich macht, habe er als „Schönling“ erlebt. Einer, der sich gerne mit Passagierinnen fotografieren lässt.
Keiner, dem man ein Schiff und Menschenleben anvertrauen sollte, wie auch die Wegners heute wissen. Die Kosten für die Reise wird die Reederei erstatten, das Gepäck ersetzen. Es bleiben Nächte ohne Schlaf und wache Erinnerungen an ein Unglück, das niemand für möglich gehalten hätte. Nie wieder wollen die Wegners einen Fuß auf ein Kreuzfahrtschiff setzen.
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