Rom. . Experten planen, das havarierte Kreuzfahrtschiff Costa Concordia im Ganzen zu bergen. Doch das wird schwierig, denn ab Donnerstag droht schlechtes Wetter vor der italienischen Küste. Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit.
Am Dienstag haben sie sich buchstäblich ins Schiff gesprengt. Taucher der italienischen Marine brachten sechs kleine Minen am Rumpf der gestrandeten „Costa Concordia“ zur Explosion, um den Suchtrupps sichere Zugänge und vor allem – im Notfall – einen schnellen Ausstieg aus dem Labyrinth der Schiffskorridore zu ermöglichen.
Vier Tage nach dem Unglück wurden am Dienstag fünf Leichen im hinteren Teil des Schiffes geborgen. Die Zahl der Vermissten – unter ihnen 12 oder 14 Deutsche – lag aber immer noch über 20. Und noch ist erst die aus dem Wasser herausragende, linke Seite des Schiffs durchsucht. Der überflutete, bisher erst von außen inspizierte Teil soll jetzt folgen.
Wetter wird schlechter
Für die Durchsuchung der halbüberfluteten und der abgesunkenen Räume werden auch Höhlentaucher eingesetzt. Für sie, heißt es vor Ort, bestehe ein hohes Risiko, im Rumpf eingeschlossen zu werden oder bei einem plötzlichen Sinken des Schiffs den Rückweg nicht mehr zu schaffen.
Noch erleichterten am Dienstag exzellentes Wetter und flache See die Arbeiten; von Donnerstag an rechnen die Meteorologen mit deutlicher Verschlechterung und hohem Wellengang – was nach Ansicht der Experten dazu führen könnte, dass die „Costa Concordia“ ihren prekären Halt auf drei unterseeischen Felszacken verliert und in 80 Meter Tiefe abrutscht.
„Operation kann Wochen dauern“
Aus Angst vor einer Umweltkatastrophe sollen von heute an und so schnell wie möglich die 2380 Tonnen Schweröl und Schiffsdiesel aus den 17 Tanks am Heck abgepumpt werden. Max Iguera von der damit beauftragten niederländischen Spezialfirma Smit sagte, die dazu nötigen Tankschiffe stünden bereit. Allerdings müsse das giftige, bei Wintertemperaturen teerartig zähe Schweröl zum Pumpen erst mühsam angewärmt werden. „Diese ganze Operation kann Wochen dauern“, sagte Iguera.
Die noch weit schwerere „ in ihrer Größe noch nie zuvor bewältigte“ Aufgabe kommt danach: Sie besteht in der Bergung des 290 Meter langen und 114.000 Tonnen schweren Schiffs. Vergleichbar wird diese Aktion höchstens mit der Bergung des etwa genau so langen, allerdings viel leichteren und flacheren Tankers Exxon Valdez, der 1989 vor Alaska eine Ölpest verursachte. Iguera sagt, man wolle die „Costa Concordia“ „möglichst im ganzen abschleppen“. Dazu müssten aber zuerst die jeweils 70 Meter langen Risse am Rumpf zugeschweißt und die gänzlich unbekannte Menge Wasser abgepumpt werden. Erst danach könnten die Experten der Firma Smit, die unter anderem das gesunkene russische Atom-U-Boot „Kursk“ geborgen haben, an die Aufrichtung des Schiffes gehen.
Wie stabil ist das Costa Concordia?
Die bisher auf 93 Millionen Euro geschätzte Bergung könnte auf der linken Seite des Schiffs mit Hilfe von Kränen auf Pontons oder Betonpfeilern geschehen; auf der rechten könnten riesige Luftkissen den Auftrieb gewährleisten. „Wir wissen allerdings nicht, wie stabil das Schiff ist. Und falls es sich mit dem Bug voraus in den Grund bohrt, dann kriegen wir es so nicht mehr weg“, sagt Max Iguera. Dann bleibe die Möglichkeit, die „Costa Concordia“ zu zerlegen, den Rumpf mit diamantbesetzten Stahlseilen zu zerschneiden und den Stahl als solchen wiederzuverwerten.
Daran mag im Insel-Nationalpark „Toskanischer Archipel“ derzeit keiner denken: Italien könnte sich auch dafür entscheiden, eine untergegangene „Costa Concordia“ als Unterwasser-Mahnmal liegen zu lassen wie den Supertanker „Haven“, der 1991 im Golf von Genua versunken ist.
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