Essen-Steele. .
Wenn ein bestimmtes menschliches Bedürfnis drängt, kann dies zu einem echten Problem werden: Aufgrund städtischer Sparmaßnahmen sind öffentliche Toiletten zu einer Seltenheit geworden. Besonders düster sieht die Situation für Rollstuhlfahrer in Steele aus, wie Dr. Martina Willner jüngst feststellen musste.
Die seit einigen Jahren an multipler Sklerose erkrankte Ärztin wollte im Steeler Zentrum die öffentliche Toilettenanlage am Kaiser-Otto-Platz benutzen. „Da musste ich feststellen, dass sie wohl wegen Vandalismus’ geschlossen ist“, so Willner. Ersatz sei nicht in Sicht gewesen, die Toilette im benachbarten Café sei nicht behindertengerecht.
„Wenn man im Rollstuhl sitzt, kann die kleinste Stufe zu einem echten Hindernis werden“, ärgert sie sich. „Künftig werde ich darauf verzichten müssen, Veranstaltungen wie ,Steele à la Carte‘ zu besuchen.“ Angesichts der demografischen Entwicklung sei es angebracht, das Thema Barrierefreiheit bei sozialen Veranstaltungen und an öffentlichen Orten in den Fokus zu rücken, ist sie überzeugt und machte deshalb mit einem Schreiben den Initiativkreis City Steele (ICS) auf die Situation aufmerksam.
Vandalismusattacken
Dieser leitete Willners Beschwerde an die Bezirksverwaltungsstelle weiter. Doch dort hatte man letzten Endes nur ein Schulterzucken für das Anliegen übrig: Die angespannte Haushaltslage der Stadt mache es nicht möglich, weitere WC-Anlagen zu errichten und bestehende Toiletten zu unterhalten, heißt es in dem Antwortschreiben.
Mit der Betreuung der Anlage am Kaiser-Otto-Platz sei allerdings das Café Gecko beauftragt worden – tatsächlich war sie auch eine Zeit lang offen, aber das Klo wurde regelmäßig Opfer von Verschmutzungen und Vandalismusattacken, die es dem Betreiber unmöglich machten, die Kosten für die wiederholte Pflege und Instandsetzung zu tragen. Da auch die Stadt nicht in die Bresche springen wollte, habe man beschlossen, die Anlage zu schließen – dafür stelle das Café seine Toiletten zur Verfügung, die jedoch nicht barrierefrei zu erreichen sind: keine Alternative also.
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Behindertengerechter Ausbau
Aus dem Stadtteilparlament im Bezirk VII hagelt es Kritik an dieser Entscheidung: „Wir müssen die grundsätzliche Ablehnung der Verwaltung, weitere Toilettenanlagen zu errichten, zurückweisen“, betont Bezirksbürgermeister Arnold Kraemer (SPD). Auch bei einer angespannten Haushaltslage müsse sich die Verwaltung um eine Lösung dieser Problematik bemühen. Kraemers Stellvertreter Hans Dirk Vogt will den Café-Betreiber in die Pflicht nehmen: „Wenn eine Vereinbarung existiert, dass er die Toilettenanlage betreibt, so hat die Verwaltung dafür Sorge zu tragen, dass dies auch geschieht.“ Auch der Bezirksfraktionssprecher der Grünen, Ernst Potthoff, fordert, die öffentliche Toilette im Gecko behindertengerecht auszubauen. „Um Vandalismus zu verhindern, kann man sie mit einem Euro-Behinderten-WC-Schloss versehen“, betont er. Ein Vorschlag, dem sich die gesamte Bezirksvertretung anschließt. Ob die Entscheidung in der Praxis etwas bringt, bleibt abzuwarten: Denn laut Verwaltung sei auch die Bezirksvertretung an die Gemeindeordnung, die solcherlei Ausgaben verbiete, gebunden.
Die Willners wundert’s nicht. Ehemann Wolfgang Willner deutet auf den Steeler Bahnhof: „Da gibt man was weiß ich wie viel für die Renovierung aus, baut sogar einen neuen Fahrstuhl - denkt aber nicht an eine öffentliche Behindertentoilette.“