Essen. . Mit einem kommunalen Netzwerk wollen die Akteure des Gesundheitssystems die Verbreitung multiresistenter Keime in Essen eindämmen. Der Nasenabstrich soll bei Patientenaufnahmen in Krankenhäusern Pflicht werden.
Die Angst vor einer Infektion mit multiresistenten Keimen in Pflegereinrichtungen, Krankenhäusern und Arztpraxen ist groß - die Zahl infizierter Patienten hingegen gering. Bei einer Zählung von Juni bis November 2010 lag die Quote infizierter Patienten bei 2,3 Prozent, in Krankenhäusern bei 1,8 Prozent während Rettungsdienste mit 4,2 Prozent der Patienten die höchste Quote verzeichneten. Unter dem Strich: 259 von 20 538 Probennahmen brachten einen positiven Befund.
Vorsicht ist dennoch geboten. „Denn gerade, wenn ein Patient krank und sein Immunsystem geschwächt ist, ist die Gefahr der Ansteckung besonders groß“, sagt Uwe Werfel, Facharzt für Arbeitsmedizin bei den Kliniken Essen-Mitte. Schließlich könnten Betroffene eine Besiedlung mit Keimen haben, ohne selbst zu erkranken - die Erreger aber an Mitpatienten weitergeben.
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Daraus resultiert Verunsicherung: So fragten Patienten im Vorfeld von Operationen vermehrt, welche Hygienestandards in Krankenhäusern gelten. Die Antwort lautet, seit Einführung des Netzwerks „Essener Standard - Schutz vor Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE)“, in allen 16 Kliniken im Stadtgebiet gleich: Es werden bei Aufnahme in allen Krankenhäusern Nasenabstriche gemacht, um mögliche Besiedlungen mit Erregern frühzeitig zu erkennen. Infizierte Patienten bekommen Einzelzimmer, das Personal wird in Hygienestandards einheitlich geschult.
Nicht alle machen mit
Die Krux: Wer dem Netzwerk beitritt, unterzeichnet eine Selbstverpflichtung - und längst nicht alle Akteure im Gesundheitswesen nehmen teil. Dass nun alle Kliniken dabei sind, hat praktische Gründe. „Denn es bietet den Häusern auch einen Schutz, wenn klar ist, ob ein Patient bereits bei der Aufnahme infiziert war“, mithin nachgewiesen werden könne, dass er mit den Erregern nicht erst im Krankenhaus in Kontakt gekommen ist, unterstreicht Uwe Werfel. In weiteren Bereichen, in denen pflegende Einrichtungen mit möglicherweise infizierten Patienten in Kontakt kommen, ist der Zuspruch jedoch nicht ungebrochen.
Etwa bei Ärzten, die die teuren Eingangsuntersuchungen für ihre Patienten bislang nicht erstattet bekamen, rechnete sich die Untersuchung nicht. Ändern soll sich dies mit dem „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes“, das den Bundesrat im Juli dieses Jahres passierte und das bessere Erstattungsmöglichkeiten vorsieht.
Uwe Werfel und Andreas Sanewski, Abteilungsleiter Infektionsschutz im Gesundheitsamt, sehen Essen mit dem Netzwerk in einer Vorreiterrolle. Denn neben der weitestmöglichen Einbindung der Gesundheitsanbieter gibt es eine zentrale Erfassung über den MRE-Status von Patienten, die Hygienemaßnahmen werden auf Basis der Richtlinien des Robert-Koch-Institutes ständig ergänzt und fortgeschrieben - was wiederum in die Schulung von pflegendem Personal einfließt. Nicht zuletzt will das Netzwerk eine Informationsplattform für Patienten und Angehörige schaffen. Langfristig, so hofft Werfel, sollen sich durch diese Maßnahmen die Infektionszahlen verringern.