Essen. .
Die Einführung eines Sozialtickets beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) liefert den Fraktionen im Rat der Stadt Zündstoff für einen politischen Schlagabtausch. Soll die Stadt sich an dem Pilotprojekt des VRR beteiligen? Wenn ja, für welchen Preis?
29,90 Euro sollen Langzeitarbeitslose und andere sozial Bedürftige für das Sozialticket bezahlen müssen. So hat es der VRR mit den Stimmen von CDU und Grünen beschlossen. Zum 1. November will der Verkehrsverbund den neuen Fahrschein einführen. Bis Ende September muss die Stadt erklären, ob sie mitmacht.
Wolfgang Weber, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion und Vorsitzender des Evag-Aufsichtsrates warnt vor den finanziellen Folgen. Denn das Verkehrsunternehmen hat ausgerechnet, dass ein Sozialticket den Etat der Evag mit rund einer Million Euro belasten würde. Rechnerisch hätten rund 112 000 Essener Bürger Anspruch auf ein Sozialticket, weil sie Sozialleistungen beziehen. Wie viele davon von dem Angebot gebrauch machen werden, vermag niemand zu sagen. Die Evag treibt jedoch die Sorge, dass so mancher Abo-Kunde darunter sein dürfte, der anstatt eines Tickets 1000 für 50,77 Euro zu kaufen auf das preisgünstigere Sozialticket umsteigen dürfte, das für deutlich weniger Geld genauso viel bietet.
Stadt muss draufzahlen
Ob es so kommt, bleibt Spekulation. Nach gut einem Jahr will der VRR abrechnen und Bilanz ziehen. Vorsichtshalber hat der Evag-Aufsichtsrat sich für das Sozialticket ausgesprochen, allerdings nur unter der Bedingung, dass es „kostenneutral“ eingeführt wird, was nach dem Stand der Dinge nicht der Fall sein wird - trotz eines Zuschusses aus der Landeskasse in Höhe von 15 Millionen Euro.
Die Stadt muss also draufzahlen. Wie viel - und das ist die Krux - wird sich erst erweisen, wenn sie sich beteiligt. Ob sie es überhaupt darf, wäre noch zu klären. Da es sich um eine freiwillige Leistung handelt, muss die Kommunalaufsicht zustimmen.
Im September soll der Rat entscheiden. Politisch bringen die Fraktionen sich bereits in Stellung: „Wo bleibt das soziale Gewissen der SPD?“ - fragen die Grünen und erinnern daran, dass der VRR gerade erst eine Erhöhung der Fahrpreise um 3,9 Prozent beschlossen habe. Sozial ungerecht nennt die FDP das Sozialticket, sei es doch „eine Belastung für viele, die dann die Zeche dafür zahlen müssen.“