Essen. .

Die Essener Verkehrsbetriebe (Evag) und die Polizei der Stadt Essen kritisieren, dass sich Autofahrer zunehmend von elektronischen Geräten ablenken lassen. Große Bildschirme an Navigationsgeräten sowie internetfähige Mobiltelefone würden zur Risikoquelle, hieß es. Doch: Bisher sorgt die Technik in Essen kaum für Unfälle.

Lob an die Essener Autofahrer: In zahlreichen Großstädten klagen die Verkehrsbetriebe über Pkw-Fahrer, die nur noch blind ihren Navigationsgeräten vertrauen und deshalb fast wöchentlich Straßenbahnen rammen. „In Essen ist das zum Glück kein Problem“, sagt Michael Seth, Leiter der Verkehrssicherheitsberatung der Polizei Essen. Auch er beobachtet allerdings: „Fahrer werden immer unaufmerksamer und damit zur Gefahr.“

Wie viele Unfälle auf Essens Straßen aufgrund von Navigationsgeräten oder anderen elektronischen Geräten geschehen, darüber führt die Polizei keine Statistik. „Fest steht, dass vor allem die grafische Darstellung der Route auf dem Bildschirm ablenkend ist“, sagt Seth. Er kritisiert, dass Autofahrer den Anweisungen ihrer Navigationssysteme meist umgehend folgen. „Sie biegen ab, ohne auf Fußgänger zu achten, bremsen oder wenden, ohne auf den übrigen Verkehr zu achten.“

Navis in der Fahrschule

Sei das System zudem nicht auf dem neusten Stand, schicke es einen häufig in falscher Richtung in eine Einbahnstraße oder in eine Zufahrt, die es nicht mehr gibt. Auf der Suche nach dem Anleger der Lanfermann Fähre biegen Wohnmobile zum Beispiel immer wieder in die falsche Straße am Baldeneysee - umständliche Wendemanöver blockieren andere Fahrzeuge.

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Fahrschüler in Essen lernen deshalb früh den richtigen Umgang mit Navigationsgeräten. „Sie dürfen den Geräten nicht blind vertrauen, sondern sollten sich Fahrrouten vorher genau anschauen“, sagt Wolfgang Hermanski. Er ist knapp vier Jahrzehnten Fahrlehrer in dieser Stadt; seit einigen Jahren fahren seine Schüler auch nach den Sprachanweisungen eines Navigationssystems. „Sie müssen einfach lernen, dass man mit dem Anschalten des Navis nicht den eigenen Kopf ausschaltet.“

Seminare für Bus- und Bahnfahrer

Nicht so sehr Navigationsgeräte, sondern sogenannte Smartphones bereiten den Essener Verkehrsbetrieben Sorge, sagt Evag-Sprecher Nils Hoffmann. Smartphones sind internetfähige Mobiltelefone, die häufig mit Bewegungssensoren arbeiten. Autofahrer müssen also die Hand vom Lenkrad nehmen, um sie zu bedienen. „Der Wagen kann aus der Fahrspur geraten - fährt daneben die Straßenbahn, wird’s schnell eng.“

Denn im Gegensatz zum Bus kann eine Straßenbahn bekanntlich nicht ausweichen. Die Evag schult ihre Fahrer deshalb in regelmäßigen Seminaren, auf Anzeichen unaufmerksamer Fahrer zu achten. Wer an einer grünen Ampel zu spät anfährt, liest wahrscheinlich gerade eine SMS, wer Schlangenlinien fährt, ruft vielleicht gerade seine E-Mails ab. „Autofahren“, warnt Hoffmann, „darf nicht zur Nebensache werden.“