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Die Situation auf dem Essener Arbeits- und Lehrstellenmarkt spitzt sich zu. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) haben schon jetzt ein Drittel der Essener Unternehmen Probleme, freie Stellen zu besetzen.

Während viele Langzeitarbeitslose mit den vorhandenen Arbeitsplätzen schlichtweg „nicht kompatibel“ seien, sehen die Experten das Hauptproblem in den Fähigkeiten der Schulabgänger. „Es fehlen grundlegende Kompetenzen. Viele Schüler sind nicht in der Lage, eine schriftliche Addition zu bewältigen. Sogar die deutsche Sprache ist ein Hemmnis“, sagt Heinz-Jürgen Guß, stellvertretender Geschäftsführer der IHK für Aus- und Weiterbildung.

"Diese Schüler sind stinkfaul"

Bei etwa 20 bis 25 Prozent der Schüler, die Haupt-, Real- oder Gesamtschulen verlassen, sehen Guß und auch Ulrich Meier, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, schwerwiegende Defizite. „Wir müssen sie wach rütteln. Diese Schüler sind stinkfaul. Ihnen fehlt es an Ernsthaftigkeit und Disziplin“, sagt Meier.

Für äußerst problematisch halten die Experten zudem die hohe Anzahl an Schülern, die sich für die Weiterführung ihrer Schullaufbahn an einem Berufskolleg entscheidet. „Vor zehn Jahren war es so, dass die guten Schüler diesen Weg gewählt haben. Heute hat sich diese Entwicklung umgekehrt. Viele wollen keine Entscheidung treffen und wählen diese bequeme Variante“, sagt Guß. Die Konsequenzen sind dramatisch: Die Hälfte eines Jahrgangs, so Guß, breche die Schule ab. „Mit solch einer kaputten Berufsbiografie und schlechten Noten ist es denkbar schwierig, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“

Lehrer bräuchten mehr Handlungsspielraum

Um das Dilemma in den Griff zu bekommen, müssen gleich mehrere Stellschrauben justiert werden. Lehrer, Freunde und Eltern sollten gemeinsam Verantwortung ausüben. Vor allem die Lehrerschaft nimmt Meier ausdrücklich in Schutz: „Den Lehrern fehlt in vielen Fällen auch die Handhabe. Sie brauchen mehr Handlungsspielraum.“

Der demografische Wandel dürfte in Zukunft zu einer Verschärfung der Situation führen. Schon 2017 rechnet die Essener Kreishandwerkerschaft mit Tausenden von unbesetzten Stellen.