Essen.
Die Stadt reagiert auf die wachsende Kriminalität auf Friedhöfen. Gestern hat Grün und Gruga den Auftrag vergeben, auf vier Friedhöfen eine Video-Überwachung einzurichten. Gleichzeitig wurde bekannt, dass auf dem Nordfriedhof eine junge Frau an einem Grab überfallen und beraubt wurde.
Die Frau hatte den Nordfriedhof Dienstag um 18 Uhr betreten und hatte an einem Grab gekniet, als sie von hinten angegriffen wurde. „Nicht umdrehen, ich hab ein Messer! Gib mir Geld und Handy“, zischte der Angreifer mit, wie die Frau glaubt, südländischem Akzent. Seine Beute: drei Grabkerzen und ein Feuerzeug. Er soll 20- 25 Jahre alt, stabil und 1,80 Meter groß sein. Er trug einen auffallend „schalkeblauen“ Kapuzenpulli und eine schwarze Jacke. Die Polizei erhofft sich Hinweise insbesondere von zwei Jugendlichen in Hip-Hop-Kleidung an der Trauerhalle ( 8290).
Friedhöfe keine Tabuzonen mehr
„Die Friedhöfe sind nicht mehr die Tabuzonen, die sie mal waren“, sagt Eckhard Spengler, Sprecher der Stadt-Tochter Grün und Gruga. Schon gar nicht der Nordfriedhof: Er ist seit mehr als einem Jahr immer wieder Ziel von Buntmetalldieben, die es auf Skulpturen und Grabschmuck abgesehen haben. Weil die Diebstähle so stark zugenommen hatten, hatte die Polizei im Frühjahr Zivilfahnder an die Hauerstraße geschickt. Sie stellten einen 36-Jährigen, der zugab, Grablampen und Vasen gestohlen zu haben. Inzwischen sind die Diebe auf vielen Friedhöfen unterwegs. Erst letzte Woche war auf dem Friedhof Rellinghausen eine Bronze-Vase aus der Fassung gebrochen worden (wir berichteten).
Klaus Grütz, Verwaltungsleiter von Grün und Gruga, hatte auf WAZ-Anfrage eingeräumt, Diebstahl und Vandalismus gebe es inzwischen regelmäßig und den Friedhöfen der Stadt, vor allem abends und nachts: „Es sind Diebesbanden aus Osteuropa, Gelegenheitsdiebe und Drogenabhängige unterwegs. Manchmal ist es auch reiner Vandalismus. Sogar mit Motorrädern sind sie schon über die Gräber gefahren.“
Videoüberwachung keine Patentlösung
Nord-, Park-, Hallofriedhof sowie der Rellinghauser Friedhof sind besonders häufig betroffen. Sie will Grün und Gruga ab nächste Woche mit Videokameras überwachen lassen. „Ein sehr schwieriges Thema“, ahnt Spengler. Nicht nur wegen des Datenschutzes, dem Grün und Gruga mit Hinweisschildern auf die Überwachung Rechnung tragen will. „Da werden wir sehr vorsichtig vorgehen müssen.“
Die Videoüberwachung soll besonders gefährdete Friedhofsbereiche schützen helfen. Eine Patentlösung wird sie nicht sein, das weiß auch Grün und Gruga. Die Essener Friedhofsflächen summieren sich auf 256 Hektar, die Gehwege auf eine Gesamtstrecke von 200 Kilometern. Spengler: „Eine so große Fläche werden wir nie wirklich überwachen können. Weder mit Menschen noch mit Kameras.“