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Senioren jenseits von 70 Jahren sind inzwischen überproportional an Unfällen beteiligt. Die Schwerpunktaktion der Polizei auf dem Willy-Brandt-Platz aber wurde nahezu boykottiert, ebenso wie die Kooperation mit der Evag, „Tausche Führerschein gegen Monatskarte“.

Die Unfallstatistik weist eine neue Risikogruppe aus. Senioren jenseits von 70 Jahren sind inzwischen überproportional an Unfällen beteiligt. Erste Versuche, in dieser Altersgruppe Problembewusstsein zu erzeugen, sind gescheitert; Polizei und Verkehrswacht suchen jetzt nach neuen Wegen.

„Bin ich noch fit?“ Unter dieses Motto hatten Polizei und Verkehrswacht diesen Monat ihre Schwerpunktaktion gestellt. Offenbar war das die ganz falsche Frage, die Senioren auf keinen Fall in der Öffentlichkeit beantwortet bekommen wollen, schon gar nicht im Beisein der Polizei. Die Reaktionstests etwa, die die Verkehrsaufklärer auf dem Willy-Brandt-Platz anboten, wurden nachgerade boykottiert, berichtet Polizeisprecher Peter Elke: „Die meisten haben gesagt: Nein, ich mache hier keinen Test!“

„Die Menschen hängen an ihrem Führerschein“

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Von DerWesten

Weil der oft diskutierte Führerscheinentzug im Alter politisch nicht durchsetzbar scheint, setzen Verkehrswacht und Polizei auf Freiwilligkeit. Aber: Das gemeinsame Angebot mit der Evag „Tausche Führerschein gegen Monatskarte“ stieß auf eine Resonanz nahe Null. Ist ja auch nachvollziehbar, sagt Karl-Heinz Webels, Vorsitzender der Essener Verkehrswacht: „Die Menschen hängen an ihrem Führerschein. Er ist eine Mobilitätsgarantie, die im Alter immer wichtiger wird.“ Der Führerschein ist für viele Senioren „ein Stück Unabhängigkeit“, sagt auch Polizeisprecher Elke als Bilanz aus vielen Gesprächen. „Er bedeutet die Sicherheit: Ich könnte ja, wenn ich wollte - oder müsste.“

Jetzt beraten Polizei und Verkehrswacht über andere Wege zur Zielgruppe. Etwa darüber, ob man Senioren Schwellenängste vor Bus und Bahn nehmen kann. Oder ob man Senioren als „Best Ager“ auf Veranstaltungen wie der Verbrauchermesse „Mode & Heim“ ansprechen sollte. „Ein hochsensibles Thema“, sagt Webels, das nach seiner Einschätzung Vertrauensbildung und persönliche Ansprache erfordert.

Neue Ansätze müssen her, denn das Problem wird keineswegs kleiner. „Immer mehr ganz alte Menschen werden immer mehr Unfälle bauen“, sagt Webels voraus. Zwar fahren Senioren defensiv und unterscheiden sich so von der Risikogruppe der jungen Erwachsenen. Aber mit zunehmendem Alter werden sie von komplexen Situationen im Verkehr überfordert. Dazu kommen körperliche Gebrechen. Webels: „Der Schulterblick beim Abbiegen fällt weg, weil’s im Rücken zwackt.“