Essen. Die 240.000 Euro, die Rot-Weiss Essen als Ausbildungsvergütung von Real Madrid für seinen ehemaligen Spieler Mesut Özil erhält, könnten RWE retten. “Gute Signale“ sieht Vereinschef Michael Welling vor der Gläubigerversammlung am Dienstag.

Fünf Jahre, von 2000 bis 2005, lang kickte Fußballnationalspieler Mesut Özil in der Jugend von Rot-Weiss Essen. Und nicht nur eingefleischte RWE-Fans fragen sich bis heute, wie konnte der Traditionsverein ein solches Talent nur unerkannt ziehen lassen. Aber wer konnte schon ahnen, dass Mesut Özil den Deutschen Meister von 1955 auch ohne seine Fußballkunst einmal vor dem totalen Absturz retten würde – wenn auch ohne eigenes zutun. Es sind jene 240.000 Euro, die Rot-Weiss Essen von Özils heutigem Arbeitgeber, dem spanischen Vorzeigeclub Real Madrid C.F., als Ausbildungsvergütung erhält, mit der Insolvenzverwalter Frank Kebekus den Gläubigern die Zustimmung zum Insolvenzplan schmackhaft machen will.

Wenn die Mitarbeiter von RWE am Dienstag ihre Büros in der Geschäftsstelle an der Hafenstraße räumen, dann tun sie das nicht etwa, weil beim Deutschen Meister von 1955 endgültig die Lichter ausgehen -- nebenan wird eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft. Schenkt man den Worten des Insolvenzverwalters Glauben, dann birgt die Gläubigerversammlung, die fast zeitgleich vor dem Amtsgericht Essen eröffnet wird, weit weniger Sprengkraft.

„Gute Signale“

Die Anspannung sei zwar größer als vor jedem Punktspiel, sagt RWE-Vorstandsvorsitzender Michael Welling. Schließlich geht es um die Zukunft des Vereins. Dass Welling dem Ausgang nach eigenen Worten „entspannt-gespannt“ entgegen sieht, dafür gebe es Gründe. „Gute Signale“ will Welling von Gläubigerseite vernommen haben. Dahinter verbergen sich vor allem öffentliche Träger wie die Agentur für Arbeit und das Finanzamt, aber auch die Berufsgenossenschaft, Dienstleister und auch ehemalige Angestellte, darunter dem Vernehmen nach Ex-Sportdirektor Thomas Strunz.

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Von DerWesten

Im Raum standen Ansprüche in Höhe von sagenhaften 21 Millionen Euro - davon allein rund 14 Millionen durch die städtische GVE, die ihre Forderungen zurückgestellt hat. Als berechtigt anerkannt wurden bislang nur rund 2,1 Millionen Euro. Offen blieb, ob Hochtief zurecht Ansprüche stellt. Der Baukonzern, der unter RWE-Präsident Rolf Hempelmann in die Stadionplanung eingestiegen war, hat rund zwei Millionen Euro geltend gemacht.

Insolvenzverwalter Kebekus bietet den Gläubigern eine Quote von „mindestens sechs Prozent“ an. Rund 290.000 Euro seien zu verteilen. Zur Ausbildungsvergütung für Mesut Özil kommen jene 53.000 Euro an Spenden, mit der RWE-Fans ihren Verein im vergangenen Jahr hatten retten wollen. Vergebens. Dem Club fehlten seinerzeit 2,4 Millionen Euro in der Kasse. Oberbürgermeister Reinhard Paß drehte den Geldhahn zu und verweigerte weitere finanziellen Hilfen seitens der Stadt. Kaum ein Jahr später sieht RWE nicht nur Licht am Horizont. Geht die Gläubigerversammlung glatt über die Bühne, stünde der Traditionsverein, der Ende 2010 noch mit 16,5 Millionen Euro in der Kreide stand, zum bald schuldenfrei da. Es sei denn, es platzt doch noch eine Bombe.

RWE-Fans müssen jetzt tapfer sein

Aus wirtschaftlicher Sicht spreche jedenfalls alles dafür, dass die Gläubiger den Insolvenzplan annehmen, sagt Marcus Wehler von der Kanzlei Kebekus & Zimmermann. Sollten sie den Plan wider Erwarten ablehnen, stünde RWE schlimmstenfalls vor der Zerschlagung. Viel zu holen wäre dann nicht. Ob die Özil-Gelder aus Madrid im Falle einer Zerschlagung fließen, sei fraglich, heißt es. Nach Abzug aller Kosten wären nur 41.000 Euro zu verteilen. An Vermögen hat der Insolvenzverwalter Schals, Trikots und andere Fanartikel im Wert von 15 000 Euro ausgemacht. Aber wer wollte die noch haben? Für Vereinsame und Logo ließe sich aus nostalgischen Gründen nur ein „Erinnerungswert“ erzielen. In Höhe von - RWE-Fans müssen jetzt tapfer sein - 1 Euro.