Essen. . Der Aufstieg in die vierte Liga und ein neues Fußballstadion nähren bei Rot-Weiß Essen die Hoffnung auf bessere Zeiten. Für den einstigen Deutschen Meister gibt es dank Mesut Özil auch finanziell einen Neustart.

Zu den Zeiten des Boss’ gehörte Rot-Weiß Essen zu den ganz Großen im Fußball. Mit einer neuen Arena und der Rückkehr in die Viertklassigkeit will der Traditionsklub wieder an alte Erfolge anknüpfen.

Wer die Treppe auf der Haupttribüne des Georg-Melches-Stadions hinaufsteigt, erahnt kaum, wie sehr es mit Rot-Weiß Essen in den vergangenen Jahren bergab gegangen ist. Unten an der Betonmauer angefangen, erinnern kleine Schilder an jeder zweiten Stufe an jene Zeiten, in denen die Bettwäsche beim Lüften auf der Fensterbank noch schwarz wurde und RWE eine Fußball-Macht war. Zum Beispiel 1955, als der „Boss“ Helmut Rahn die Rot-Weißen zur Deutschen Meisterschaft führte. Oder später, als Horst Hrubesch 1978 in der 2. Liga 42 Tore erzielte. All dies ist Geschichte, das Georg-Melches-Stadion gibt es nicht mehr lange. Die Tradition aber und der Mythos Hafenstraße: Sie leben nur wenige Meter entfernt weiter.

Eine neue Arena für 31 Millionen Euro

Die Westkurve ist schon abgerissen. Dahinter kreisen auf einer Baustraße die Bagger. Essen bekommt

Hier, wo einst die berüchtigte Westkurve stand, rollen inzwischen die Bagger. Foto Alexandra Umbach / Waz FotoPool
Hier, wo einst die berüchtigte Westkurve stand, rollen inzwischen die Bagger. Foto Alexandra Umbach / Waz FotoPool © WAZ FotoPool

nach einer gefühlt endlosen politischen Debatte doch noch ein modernes und 31 Millionen Euro teures Stadion, das schon in der Spielzeit 2012/2013 rund 20 000 Fans Platz bieten soll. Da passt es gut, dass die Mannschaft am Freitagabend mit einem Sieg bei den Sportfreunden Siegen (19.30 Uhr) die Rückkehr in die Regionalliga, in die Viertklassigkeit perfekt machen kann.

Michael Welling blickt vom Rasen des Georg-Melches-Stadions, wo einst Rahn, Hrubesch, Lippens und Mill zu großen Fußballern wurden, in Richtung Baustelle. Er trägt einen dunklen Anzug und einen roten Schutzhelm, denn seitdem er im Oktober 2010 den Posten als Vorstandsvorsitzender übernommen hat, ist viel auf ihn hereingeprasselt: die Stadionfrage, das Insolvenzverfahren, nachdem sich Schulden in Höhe von 15 Millionen Euro angehäuft hatten.

Für Fußball-Romantik ist kein Platz mehr

„Da gehört auch Beklopptheit dazu“, erklärt der 39-Jährige sein Engagement an der Hafenstraße, „aber mich hat die Marke RWE gereizt.“ Die Fans mag es irritieren, dass Welling zugibt, kein Fan von Rot-Weiß zu sein. Aber für so viel Romantik ist in dem Geschäft, in dem hauptsächlich das Geld zählt, kein Platz. Auch nicht in Essen, wo RWE immer gerne als schlummernder Riese bezeichnet wird.

Baustelle RWE-Stadion

Rundgang über das Gelände von Rot Weiss Essen am Donnerstag, 21.10.2010. Foto Walter Buchholz/WAZ FotoPool
Rundgang über das Gelände von Rot Weiss Essen am Donnerstag, 21.10.2010. Foto Walter Buchholz/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Rundgang über das Gelände von Rot Weiss Essen am Donnerstag, 21.10.2010. Foto Walter Buchholz/WAZ FotoPool
Rundgang über das Gelände von Rot Weiss Essen am Donnerstag, 21.10.2010. Foto Walter Buchholz/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Nach dem gescheiterten Manager-Experiment mit Thomas Strunz ist Welling, der in einer Unternehmensberatung und bei einem Sportrechtevermarkter ein perfektes BWL-Deutsch gelernt hat, vielleicht der richtige Mann für RWE. Er setzt auf die wirtschaftlichen Vorteile, die ein Stadionneubau und der zu erwartende ansteigende Zuschauerzuspruch von 30 Prozent mit sich bringen: „Ohne die Rahmenbedingungen kann man nicht wettbewerbsfähig sein.“

Ende des Insolvenzverfahrens zeichnet sich ab

Zudem zeichnet sich im Mai das Ende des Insolvenzverfahrens ab. Welling: „Der Verein beginnt dann die neue Spielzeit am 1. Juli mit einem Kontostand von null – und mit Verbindlichkeiten von null.“ Dies auch dank der 225 000 Euro von Real Madrid, weil RWE zwischen 2000 und 2005 einen gewissen Mesut Özil ausgebildet hat, der es bei den „Königlichen“ zu einem ganz Großen geschafft hat.

Das Georg-Melches-Stadion wird ab 2012 nach und nach abgerissen.
Das Georg-Melches-Stadion wird ab 2012 nach und nach abgerissen. © Hans Blossey

Davon ist Timo Brauer noch weit entfernt. Im Medienzentrum, einer muffigen und rundum mit Holz vertäfelten Turnhalle unter der modrigen Haupttribüne, verkündet der Kapitän des designierten Aufsteigers seine Vertragsverlängerung: „Ich kenne hier viele Leute, die im Stadion schreien – sowas kann man nicht fallen lassen.“ Ein bemerkenswerter Satz für einen 20-Jährigen.

Große Identifikation bei den Fans

Trainer Waldemar Wrobel, seit drei Jahren an der Hafenstraße, weiß um die Identifikation der Essener mit Rot-Weiß, „für viele ist das ihr Lebensmittelpunkt.“ Er wird das Team auch in der Regionalliga coachen, der Verein will den Zwei-Millionen-Etat, von dem ein Drittel für Jugend bestimmt ist, mit Bedacht anheben. Wrobel: „Die Tradition ist Vergangenheit, sie garantiert uns aber heute keine sportlichen Erfolge.“

Jubelnder RWE in Siegen

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    Deshalb klopft sich Wrobel auch verwundert aufs Ohr und warnt vor zu hohen Erwartungen, als ein Reporter Timo Brauer nach einer Klausel im Falle eines Durchmarschs in die 3. Liga fragt. Soll es auch im neuen Stadion an der Hafenstraße einmal kleine Reminiszenzen auf den Treppenstufen geben, bedarf es sicher mehr als des Aufstiegs in die Regionalliga.