Essen. . Die Ehrenamtlichen vom ambulanten Kinderhospizdienst des SkF in Essen begleiten schwer kranke Kinder, deren Eltern und Geschwister. Jetzt suchen sie weitere Helfer. Ein neuer Kurs startet im Juni.
Die Ehrenamtlichen vom ambulanten Kinderhospizdienst wissen, dass es um Tod geht. Dennoch steht bei ihrer Tätigkeit das Leben im Vordergrund, beschreibt Wilma Neuwirth, Koordinatorin für den Dienst beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF).
29 Frauen und vier Männer begleiten Familien, in denen ein Kind lebensverkürzend erkrankt ist - wahrscheinlich nicht erwachsen wird. 2010 unterstützten sie 27 Familien mit 28 erkrankten Kindern. Jetzt suchen sie weitere Helfer.
Hilfe und Zuspruch sind wichtig
Anne Barthe (56): „Als meine Nichte schwer erkrankte, habe ich gemerkt, wie wichtig Hilfe und Zuspruch sind. Heute besuche ich regelmäßig eine Familie, deren dreijähriges Kind erkrankt ist. Ich spreche mit der Mutter und hole die Schwester (5) vom Kindergarten ab. Dann freut sie sich, dass die Anne kommt. Wir malen, lesen oder gehen auf den Spielplatz. Das tut auch mir gut.“
Vor dem ersten Besuch bei einer Familie gilt es für Wilma Neuwirth im Gespräch herauszufinden, um welche Aufgaben es für den Ehrenamtlichen geht. Was sie nicht übernehmen, ist die Pflege. „Manchmal ist es total schön, wenn alle zusammen etwas unternehmen können“, sagt sie. In manchen Familien spielen die Ehrenamtlichen mit dem erkrankten Kind. In anderen beschäftigen sie sich mit einem Geschwisterkind.
"Manchmal laufen Tränen"
Ute Baltersee (68): „Ich unterstütze seit zweieinhalb Jahren eine Familie, deren sechsjährige Tochter an schwersten Krampfanfällen leidet. Ich helfe der Schwester (10) bei den Hausaufgaben. Wir ernten nun die Früchte. Sie kommt auf die Realschule. Die ganze Familie ist glücklich. Natürlich mache ich mir Gedanken um den Tod. Doch der Moment wird bestimmt ganz anders. Manchmal laufen Tränen, wenn ich mit der Mutter spreche. Das ist doch völlig normal.“
Anteil nehmen gehört dazu. Für die Ehrenamtlichen gibt es regelmäßige Treffen, in denen sie Erfahrungen besprechen. Bevor sie Familien begleiten, werden sie beim SkF ein halbes Jahr lang ausgebildet. „Der Kurs hat einen hohen Selbsterfahrungsanteil“, sagt Wilma Neuwirth. Es geht um die eigene Haltung zu Leben, Tod, Trauer und Sterben. Jeder trage ein Päckchen, das sollten Ehrenamtliche kennen. Damit sie in einer Krise nicht überrascht werden. „Sonst kann es sie doll erwischen.“
Zu Hause loslassen
Claudia Bielski (50): „Ich habe im Bekanntenkreis einen guten Umgang mit dem Tod erfahren. Jetzt betreue ich ein achtjähriges Mädchen, das einen Gehirntumor hat. Sie lebt mit ihrem Vater zusammen. Ich besuche sie einmal in der Woche und bringe etwas zu Essen mit. Sie probiert mit geschlossenen Augen und rät, was es ist. Das macht uns beiden Spaß. Ich weiß, dass sich ihr Zustand schnell verschlechtern kann. Wie ich reagieren werde, weiß ich nicht. Aber ich tausche mich mit den Ehrenamtlichen und meinem Mann aus, der ebenfalls eine Familie begleitet. Und ich kann loslassen, wenn ich nach Hause gehe. Sonst wäre das Ehrenamt nicht möglich.“
In den Vorbereitungen auf ihre Aufgaben lernen die Ehrenamtlichen, was Tod und Zeit für Kinder in verschiedenen Altersstufen bedeuten können. Auch Aspekte wie Familiensysteme und Gesprächsführung gehören zum Kurs. „Das Wichtigste ist Zuhören“, sagt Wilma Neuwirth. Die Ehrenamtlichen sollten auch bereit sein, der Familie für den Notfall ihre Telefonnummer zu geben. Gerade in Extremsituationen, wenn ein Leben zu Ende geht, ist vielleicht mehr Hilfe nötig.
Ehrenamtliche gesucht
Claudine Grett-Buchholz (64): „Der kleine Junge (2), den ich begleite, hat einen Hirntumor. Er ist jetzt im Klinikum, aber auf gutem Weg. Ich habe ihn besucht und wir haben gespielt: Autofahren auf der Bettdecke, die Brechschüssel war die Garage. Er hat mir einen Lutscher geschenkt. Es ist herzzerreißend schön. Ich spreche auch viel mit seiner Mutter. Seine Prognose ist nicht ganz schlecht. Die Mutter glaubt fest daran - und ich mit ihr.“
Der ambulante Kinderhospizdienst im Kinder-Palliativ-Netzwerk Essen möchte Familien künftig zwei Ehrenamtliche zur Seite stellen, die sich austauschen und vertreten können. Sie besuchen eine Familie zwei bis drei Stunden in der Woche, gern auch nachmittags. Die Familien leben in Essen und im Umkreis von ca. 50 km. Der Kurs für Kinderhospizbegleiter läuft von Mitte Juni bis Januar 2012. Info: 0201/27 50 81 77 oder kinderpalliativnetzwerk@skf-essen.de.