Essen. . Werden ist ein malerischer Stadtteil. Aber Werden ist auch ein Nadelöhr. Nun liegen Vorschläge für ein Verkehrskonzept auf dem Tisch - mit ebenso simplen wie überzeugenden Lösungen.
Berufspendler und Wochenendausflügler wissen das aus leidvoller Erfahrung. Die einen wie die anderen quälen sich durch die enge Brückstraße in Richtung Innenstadt oder stehen im Stau auf der Abteistraße in Richtung Velbert. Wohin die Reise auch geht: Meist geht es nur im Schritttempo voran. Seit Jahrzehnten doktern Verkehrsplaner an Werdens Verkehrsproblemen herum. Mal sollte ein Tunnel den Ortskern entlasten, mal eine Umgehungsstraße. Gebaut wurde bis heute weder das eine noch das andere. Geblieben ist der Verkehrsinfarkt.
Michael Happe hat den Stillstand täglich vor Augen, er muss nur aus dem Fenster schauen. Sein Büro für Kommunal- und Regionalplanung liegt direkt an der Herzkammer, am Werdener Markt. Hier knubbelt sich der Verkehr wie sonst nirgendwo im Stadtteil.
Happe hat sich so seine Gedanken gemacht, wie sich der Stau auflösen ließe. Denn das Thema Verkehr steht in Werden wieder auf der politischen Agenda, seit Thyssen-Krupp und eine Bürgerinitiative darüber streiten, ob eine Freifläche an der Grünen Harfe, oberhalb von Werden in Heidhausen gelegen, mit Eigenheimen bebaut werden darf oder nicht. Die Verkehrsfrage ist das drängendere Problem. Und über die Frage, ob 800 zusätzliche Fahrten täglich wie sie ein Gutachter für den Fall einer Bebauung an der Grünen Harfe ermittelt hat, das Fass tatsächlich zum überlaufen bringen, darüber mag man trefflich streiten. Unstrittig ist: Plötzlich kommt Bewegung in ein festgefahrenes Thema, liegen Antworten auf dem Tisch, auf die sie Werden seit Jahren warten.
Simpel und überzeugend
Stadtplaner Michael Happe spricht lieber von „Ideen für ein Verkehrskonzept“. Nichts von dem, was er sich hat einfallen lassen, sei durchgezählt und hochgerechnet wie es Verkehrsplaner für gewöhnlich tun. Und dennoch: Happes Vorschläge erscheinen einem so simpel und überzeugend, dass man sich fragt, warum ist noch niemand darauf gekommen. Seine Idee: Den Verkehr vom Knotenpunkt am Werdener Markt vor die überdimensionierte Werdener Brücke verlagern. Wie? In dem die Verkehrsführungen umgedreht wird. Zum Beispiel auf der nur zwölf Meter breiten Brückstraße. Bislang quält sich der Verkehr dort auf einer Spur in Richtung Essen, laut Happe sollen Autofahrer künftig in entgegengesetzte Richtung über die Brückstraße in die Werdener Altstadt hinein fahren; der Umweg über den Werdener Markt fiele weg, dieser Verkehrsknoten würde entlastet, der Rückstauf auf der Abteistraße aufgelöst. Auf der mit 18 Metern deutlich breiteren Abteistraße, wo bislang zwei Spuren in Richtung Velbert führen, könnte der Verkehr stattdessen auf einer der beiden Spure in Richtung Innenstadt fahren.
Und: Verkehr, der bislang aus den westlichen Wohnquartieren ebenfalls über den Umweg Werdener Markt in Richtung Innenstadt gelenkt wird, soll direkt zur Werdener Brücke geführt werden, in dem eine weitere Einbahnstraßenregelung umgedreht wird. Für Ortskundige: in diesem Fall die der Bungertstraße.
Umgehung brächte nur bedingt Entlastung
Dazu muss man wissen: 70 Prozent des Verkehrs in Werden verursachen die Werdener selbst. Ein Tunnel oder eine Umgehungsstraße für den Durchgangsverkehr würde deshalb nur bedingt Entlastung bringen.
Nun sind Politik und Verwaltung am Zug. Im Planungsamt zeigt man sich aufgeschlossen gegenüber Happes Vorschlägen. Die Bezirksvertretung will diese geprüft sehen. Es wäre die Stunde der Verkehrsgutachter. Das Problem: Die Kanalbauarbeiten der Stadtwerke verzerren derzeit das Bild. „Schlechter als heute wird es auf keinen Fall“, ist Happe überzeugt. Wie auch immer der Konflikt um die Bebauung an der Grünen Harfe ausgehen wird. Sollte am Ende der Verkehr durch Werden flüssiger fließen - der Aufwand hätte sich wohl gelohnt.