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Weil das Baldeney-Wehr gesperrt ist, schippert die „Isenberg“ wieder Passagiere über den See. Die kurze Überfahrt ist auch ein Ausflug in die Geschichte - denn Fähren waren schon von 1933 an ein wichtiges Verkehrsmittel, unter anderem für Kumpel.
Fährmann, hol über! Udo Gödje löst das Haltetau. Mit einem Satz ist der Schiffsführer zurück am Steuer. „Na dann, gute Fahrt!“ Der 36-PS-starke Dieselmotor schüttelt sich kurz. Dann tuckert die „Isenberg“ gemütlich in Richtung Regattaturm. Die Fähre auf dem Baldeneysee ist zurück. Zum Kulturhauptstadtjahr, als die Ruhr-Atolle auf dem See dümpelten, hatte die „Weiße Flotte“ ihr altes Fährschiff für eine Saison wieder flott gemacht. Es sollte ein touristisches Intermezzo sein. Nun, da der Ruhrverband das Baldeneywehr wegen Bauarbeiten für Fußgänger und Radfahrer bis Oktober gesperrt hat, pendelt die „Isenberg“ im Linienverkehr wieder zwischen den Anlegern „Wehr und Hügel“, an Feiertagen und an Wochenenden.
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Ausflügler und Freizeitsportler nehmen Platz an Bord. „Ich hab’ in der Zeitung gelesen, dass sich Leute über die Sperrung beschwert haben“, erzählt Fahrgast Dirk Becher. Die Fähre sei doch einen nette Alternative. „Einen Euro kann man dafür ruhig bezahlen.“ Auch Andrea Kraft und ihr Sohn Moritz genießen die zehnminütige Überfahrt. Mit Kindern ist sei Seerundfahrt sonst doch ein bisschen zu lang.“ Einen Euro sei ihr die Fahrt wert. Es gab Zeiten, da war die Passage kostenlos. Nicht für jedermann, aber für alle, die bei Krupp auf dem Hügel oder in der kruppschen Gussstahlfabrik arbeiteten und auf dem südlichen Ufer zu Hause waren. Ihnen gewährte die Verkehrsgesellschaft Baldeney - vertraglich zugesichert - freie Fahrt, sei es zur Arbeit oder zum Einkauf in der Filiale der kruppschen Konsumanstalt „Im Ruhrtal“.
So ist die kurze Überfahrt mit der „Isenberg“ auch ein Ausflug in die Geschichte der Seeschifffahrt. Die „Isenberg“ legte 1955 erstmals ab, damals noch unter dem Namen „Gruga“. Weil ein größeres Fahrgastschiff diesen Namen tragen sollte, wurde das knapp 13 Meter lange Boot 1963 umgetauft. Fähren waren auf dem Baldeneysee schon von 1933 an ein wichtiges Verkehrsmittel, auch für Kumpel, die auf der Zeche Pörtingsiepen einfuhren und für Kirchgänger, die von Fischlaken aus zur Kapelle am Schloss Baldeney übersetzten. Drei Linien brachten Passagiere von Ufer zu Ufer. Als der kruppsche Konsum 1973 schloss und auf dem Hügel immer weniger Menschen in Lohn und Brot standen, warf die Hügel-Fähre nur noch in Sommermonaten den Diesel an, am 1. April 1976 stellte sie den Betrieb ganz ein.
Die „Weiße Flotte“ nutzt die „Isenberg“ seitdem als Arbeitsboot. Für den Renaissance-Einsatz als Fähre wurde sie generalüberholt. So manches technische Bauteil sei noch original, berichtet Schiffsführer Gödje und lauscht dem gleichmäßigen Hämmern der Dieselmaschine. Toi, toi, toi! Ruth und Wolfgang Schulte, Touristen aus Rheinland-Pfalz, sind angetan. Die „Isenberg“ sei eine echte Attraktion. Schade eigentlich, dass im Oktober wieder Schluss ist. Wirtschaftlich rechne sich ein Fährbetrieb nicht, heißt es bei der Weißen Flotte. Am Wochenende war es rappelvoll an Bord.