Essen. . Erstmals weist die Stadt Essen ab Sommer Flächen zur naturnahen Baumbestattung aus. Unter Bäumen dürfen dann biologisch abbaubare Urnen beigesetzt werden. Zudem gibt es eine Info-Broschüre, die dem Leichentourismus entgegenwirken soll.

Von der konventionellen Beisetzung im Sarg über die Urnenbestattung in Kolumbarien gibt es in Essen 23 Formen der Beisetzung – mit der Bestattung in naturnahen Urnenbaumgräbern kommt im Sommer eine weitere Form hinzu. „Voraussichtlich werden wir auf dem Park- und dem Südwestfriedhof entsprechende Flächen dafür nutzen“, sagt Hans-Joachim Hüser, Sachgebietsleiter Friedhöfe bei Grün und Gruga.

Biologisch abbaubare Urnen

Unter Wiesen und Baumkronen dürfen dann biologisch abbaubare Urnen beigesetzt werden. Kleine Grabsteine sind erlaubt. Ansonsten werden die Gräber schmucklos bleiben.

Hielten sich Beisetzungen im Sarg und in der Urne im Jahre 2000 noch die Waage, so geht der Trend nun deutlich in Richtung Einäscherung; diese liegt aktuell bei 68 Prozent aller Bestattungen. „Den klassischen Familienverbund, in dem große Grabstätten über Generationen hinaus gekauft und gepflegt wurden, gibt es nicht mehr“, so Hüser. Ein weiterer Schub sei mit dem Wegfall der Sterbeversicherungen zu beobachten gewesen. „Früher gab es in der Regel 4600 D-Mark aus der Sterbekasse“, heute hingegen müssten die Hinterbliebenen teils das Sozialamt um Zuschüsse für die Beisetzung bitten.

Ein geringer Pflegeaufwand ist vielen Hinterbliebenen wichtig

Gering soll nun der Pflegeaufwand sein, so dass auch Wiesengräber hoch im Kurs stehen. Hierbei werden - zum Beispiel auf dem Bredeneyer Friedhof - Urnen unter dem Rasen beigesetzt. Grabsteine gibt es nicht. Auf einer gepflasterten Fläche können Hinterbliebene jedoch Blumen und Kerzen ablegen. Die Bindungsfrist liegt übrigens bei der Urnenbeisetzung wie bei der Bestattung im Sarg bei 25 Jahren. „Der Zeitraum wird nach geologischen Gutachten festgelegt“, sagt Hüser. „Hier in Essen gibt es häufig tonhaltige, lehmige Böden.“ Entsprechend lange dauere die Zersetzung. Die Urnenbeisetzung betrifft dieser Umstand jedoch kaum – dennoch ist gesetzlich vorgeschrieben, dass gleiche Bedingungen für Erdbestattung und Urnenbeisetzung gelten müssen.

Bindungsfrist: 25 Jahre

Doch der neue Trend zur Kremierung, er bringt für Angehörige auch negative Effekte. „Wir beobachten, dass es einen richtigen Leichentourismus gibt“, sagt Hüser. Bestatter schlössen Verträge mit Krematorien ab, verbrächten Leichen zum Kremieren in Nachbarstädte, kassierten hierfür Provisionen und stellten Beträge, die weit über den Preisen der Kremierung in der Essener Einrichtung (hier beträgt der Satz 276 Euro) lägen, in Rechnung. Schwarze Schafe, keine Frage, „doch in ihrer Trauer haben Angehörige oft nicht die Ruhe, sich mit Preisvergleichen zu beschäftigen.

„Darum haben wir zum 1. Januar eine Stelle für eine Fachkraft eingerichtet, die über die Kosten für Beisetzungen und die Bestattungsarten informiert.“ Bislang beschränkt sich die Arbeit auf Informationsveranstaltungen etwa bei Awo-Treffen oder dem Kolpingwerk. Auf lange Sicht, so Hüser, wolle man auf dem Parkfriedhof ein Informationsbüro einrichten, in dem sich Hinterbliebene ständig informieren könnten.

Trauerhallen öffnen nur noch an drei Tagen

Mit einer weiteren Neuerung – den eingeschränkten Öffnungstagen der Trauerhallen auf 21 der 23 Essener Friedhöfe – hätten sich die Bürger nach anfänglichen Protesten arrangiert, sagt Hüser. „In manchen Trauerhallen war es so, dass es nur eine Beisetzung pro Woche gab. Da die Stadt bekanntlich sparen muss, war es nicht gerechtfertigt, die Trauerhallen weiterhin täglich zu öffnen.“ Auf drei Öffnungstage einigte man sich „und dieses Angebot wird gut angenommen.“