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Die Politik hat die Forderung des städtischen Planungsleiters Thomas Franke nach einer Freigabe der Fußgängerstraße für den Autoverkehr aufgegriffen. Die Interessengemeinschaft der Anlieger zeigt sich jedoch skeptisch.
Soll die Viehofer Straße wieder für Autos geöffnet werden? Die Frage erinnert an den Werbespot für den guten alten Käfer: Er läuft und läuft und läuft. Planungsamtsleiter Thomas Franke hat den Motor wieder angeworfen, als er sich beim Arbeitskreis 2020 dafür aussprach, den nördlichen Ast der Fußgängerzone für den Verkehr freizugeben. In der Politik findet Franke nun bereitwillige Mitfahrer.
„Notwendiger Schritt“
Norbert Schick, planungspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, spricht von einem „richtigen und notwendigen Schritt zur Belebung der nördlichen Innenstadt“ und kündigt an, Frankes Vorstoß politisch zu forcieren. FDP-Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß fährt rhetorisch gar auf der Überholspur. „Wenn man die nördliche Innenstadt retten will, muss man die Viehofer Straße bis Flachsmarkt befahren können“ - zumindest einspurig.
Was die Urheberschaft der Idee angeht, drängen sich CDU und FDP um den Platz am Steuer, während die Grünen eine Öffnung der Fußgängerzone erwartungsgemäß für den falschen Weg halten. Bemerkenswerter ist hingegen, dass die SPD sich diesmal aufgeschlossen zeigt. Rainer Marschan, Vorsitzender des Planungsausschusses, hält Frankes Einwurf für eine „interessante Überlegung“ will diese in seiner Fraktion zur Diskussion. Bislang standen die Sozialdemokraten auf der Bremse, wenn es um die Öffnung von Innenstadtstraßen ging. Deutet sich da eine verkehrspolitische Wende an? Kommt Bewegung in ein Thema, das mit den Worten von Andreas Hausner, Vorsitzender der Interessen- und Standortgemeinschaft Nördliche Innenstadt (ISG), gesprochen so alt ist wie der Bart des Methusalem? Und bringt der Umbau der Fußgängerzone tatsächlich, was sich Befürworter davon versprechen? Hausner hat da so seine Zweifel. Vielleicht, so der ISG-Sprecher, wäre es sogar kontraproduktiv, wenn der Verkehr wieder über die Viehofer Straße rollt. Auch das mag überraschen, hatte die ISG doch vor Jahren vehement für die Öffnung des Pferdemarktes für den Verkehr gestritten. Gebracht hat’s nichts, sagen die Geschäftsleute, was auch daran liegen mag, dass nur Ortskundige die Zufahrt überhaupt finden.
25 Jahre Bindungsfrist
Heute verweist Hausner darauf, dass sich in der nördlichen Innenstadt längst etwas tut und sich schon in absehbarer Zeit noch mehr bewegen wird: An der Rottstraße, wo Investor Klaus Wolff das marode Parkhaus abreißen wird und um die Kreuzeskirche ein völlig neues Quartier plant. An der Viehofer Straße, wo Unperfekthaus-Gründer Reinhard Wiesemann ein Geschäftshaus zum Mehrgenerationenhaus umbaut, und wo Folkwang-Studenten in einem Bürohaus Quartier beziehen werden, wenn auch nur vorübergehend. Szene-Boutiquen und Clubs haben ihr Publikum längst gefunden.
Autos auf der Viehofer?
Während all dies für Hiltrud Schmutzler-Jäger, Fraktionssprecherin der Grünen und Mitglied des Planungsausschusses, gute Gründe sind, um den Motor gleich abzuwürgen, bevor die Diskussion richtig Fahrt aufnimmt, appelliert Hausner dafür zum jetzigen Zeitpunkt den Fuß vom Gas zu nehmen.
Was dafür spricht? Vielleicht das liebe Geld. Autos wurden vor 40 Jahren aus der Viehofer Straße verbannt,.die letzte Umgestaltung der Fußgängerzone im Rahmen der „Wohnumfeldverbesserung Nördliche Innenstadt“ datiert aber födertechnisch von 1995. 2,7 Millionen Euro flossen damals in den Umbau der Viehofer Straße, die Bindungsfrist läuft erst im Jahr 2020 aus. Sollte die Stadt also tatsächlich den Rückwärtsgang einlegen und die Verkehrsberuhigung aufheben, wäre mit dem Land darüber zu verhandeln, ob Fördergelder gegebenfalls zurückgezahlt werden müssten, heißt es im Amt für Stadterneuerung. Wie die Gespräch ausgehen, sei ein völlig offenes Rennen.