Essen. .

Wer zahlt was in der Nord-City? Zwischen Projektentwickler Klaus Wolff und der Stadt gibt es derzeit einige Unstimmigkeiten. Mit einem Finanzvolumen von 30 Millionen Euro soll dem Stadtteil neues Leben eingehaucht werden. Der Investor fühlt sich im Stich gelassen.

Auch interessant

Solange ein Essener mittleren Alters denken kann, war die nördliche Innenstadt ein Problem - und sie ist es bis heute. Man könnte, man sollte, man müsste – der Konjunktiv war immer dabei, wenn die Stadt den Niedergang aufzuhalten versuchte, was allerdings nur halbherzig geschah und jedenfalls nie gelang. Positive Entwicklungen wie das GOP-Variete oder die Gründung einer Quartiersmanagements konnten an einem Gesamtbild nicht viel ändern, das zu großen Teilen geprägt ist durch leere, zum Teil obskure Läden, sanierungsbedürftige Immobilien und durch eine allzu große Ballung sozial schwieriger Wohnbevölkerung.

Ausgerechnet hier ist der in Essen wohlbekannte Investor und Projektentwickler Klaus Wolff dabei, einem ganzen Block unter Einschluss der Kreuzeskirche neues Leben einzuhauchen - ein Finanzvolumen von rund 30 Millionen Euro. Soviel Geld hat in diesen Teil der Stadt schon lange keiner mehr investiert, auch inflationsbereinigt nicht. Wolff hat es gemacht - wie es heißt auch auf Bitten der alten Stadtspitze. Die Grundstücke sind jedenfalls gekauft, der Bebauungsplan steht, bisher fehlende Verträge sind unterschriftsreif, und die gute, alte Kreuzeskirche ist immerhin schon mal eingerüstet - auch ihre Sanierung ist Teil des Kontrakts.

Alles gut, könnte man meinen, aber gute Stimmung will nicht recht aufkommen. Während mancher bei der Stadt findet, dass Wolff jetzt einfach mal anfangen könnte, hat umgekehrt der Investor das Gefühl, im Rathaus verlasse man sich in Sachen Nord-City allein auf ihn. Das aber übersteige seine Kräfte. „Als isolierte Maßnahme funktioniert das hier nicht“, sagt Wolff.

Die Stadt als Mieter

Im Viereck Rottstraße, Kastanienallee, Weberstraße und Kreuzeskirchstraße soll bis auf die Kirche und ein Haus, das Wolff nicht gehört, alles abgerissen und neu bebaut werden. Geplant sind Büros, ein Hotel, ein Boarding-House für Leute, die für einige Monate an der nahe gelegenen Uni forschen, ein paar Läden, Praxen und Restaurants, ein Zentrum für die evangelische Kirchengemeinde. „Für diesen Teil der Innenstadt ist das eine riesige Chance“, schwärmt Planungsdezernent Hans-Jürgen Best.

Was weniger gefällt, ohne dass es jemand offen sagt: Wolff fordert, dass die zurzeit reichlich klamme Stadt im unmittelbaren Umfeld seines Blocks, nämlich am Webermarkt, das ihre zur Sanierung beiträgt. Außerdem soll sie die nach Wolffs Beobachtung hier sehr aktive Drogenszene bekämpfen. Und: Die Sozial- und Behindertenverbände, jetzt im stadteigenen „Haus der Begegnung“ am Webermarkt untergebracht, sollen dort ausziehen, um als Mieter in seinen, Wolffs Neubau zu wechseln. Die Miete - die Rede ist von 8,50 Euro pro Quadratmeter - müsste die Stadt zahlen. Das marode Gebäude selbst soll an das städtische Wohnungsbauunternehmen Allbau veräußert werden, das in der Nord-City nicht zuletzt auf Wunsch von Mutter Stadt ohnehin derzeit seinen Immobilienbesitz erweitert. Der Allbau soll das dann freigezogene Haus der Begegnung sanieren und vermarkten. Die Stadt wiederum hätte aus dem Verkauf für eine gewisse Zeit das Geld, um bei Wolff die Miete zu bezahlen.

Nicht alle bei der Stadt finden das prickelnd, und wenn man Klaus Wolff darauf anspricht, spürt man mühsam gezügelte Wut: „Ich war es schließlich nicht, der das Viertel hier hat herunterkommen lassen.“ Aber er, so sieht es Wolff, soll es nun richten - er allein. Dabei tue er schon soviel, und besonders für die Rettung der Kreuzeskirche reklamiert Wolff idealistische Motive. „Wenn es mir nur ums Investment ginge, dann müsste ich hier sofort aufhören.“

Etwas Hilfe, so Wolff, brauche er schon. Klar, aus den Händen gerissen wird ihm in dieser Lage nichts, ein sicherer Ankermieter ist wichtig. Und die Stadt wäre natürlich ein solcher Mieter.

Aber es gibt noch mehr Probleme: Wolff soll auch noch dem benachbarten GOP-Theater übergangsweise, bis die Tiefgarage unter seinem Komplex fertig ist, Parkplätze verschaffen - als Ersatz für das abzureißende Parkhaus an der Rottstraße. 70.000 Euro würde ihn das kosten, und auch dieses Ansinnen findet Wolff nicht gerade witzig, wo doch die Stadt das Parkhaus hat verrotten lassen und GOP es bald aus Sicherheitsgründen sowieso nicht mehr nutzen könnte.

Immer da, wenn es hakte

Seit Oberbürgermeister Reinhard Paß im Amt ist, läuft es nicht mehr so richtig rund zwischen Klaus Wolff und der Stadt, soviel kann man festhalten. Dabei war er derjenige, der in Essen immer gerufen wurde, wenn es hakte. Die Philharmonie-Baustelle drohte aus dem Ruder zu laufen - Wolff hat es hingekriegt. Das Folkwang Museum sollte in kürzester Zeit gebaut werden - Wolff hat es geschafft. Das Messehotel drohte ein ewiger Plan zu bleiben - Wolff hat geholfen ihn endlich umzusetzen. Das RWE-Stadion muss geräuschlos zur Baureife gebracht werden - Wolff macht’s. Probleme beim Neubau der Eon-Zentrale - erst seit Wolff der Generalplaner ist fluppt es, sagt Eon.

Nun also die Nord-City, wo schon so vieles scheiterte. Mancher meint: Wenn Klaus Wolff hier nicht die Wende schafft, dann schafft es keiner. Doch ob er noch wollen soll, das weiß er wohl derzeit selbst nicht mehr genau. Es wäre eine vertane Chance mehr für Essens Problemkiez.