Essen-Rüttenscheid. . Anwohner der Bertoldstraße in Rüttenscheid begrüßen den Abriss des Hertie-Hauses. Aber sie kritisieren Pläne für den Hinterhof: „Wir wurden überrascht.“ Stadt Essen und Investoren hätten Informationen zurückgehalten. Man denke über eine Klage nach.
Anwohner der Bertoldstraße beschweren sich über „falsche und zurückgehaltene Informationen“ bezüglich der Neubau-Absichten am Rüttenscheider Stern und wollen – sollten die Bebauungs-Pläne im März vom Rat abgesegnet werden – vor Gericht ziehen. Stein des Anstoßes ist nicht die geplante Fassade des Neubaus, welche die Anwohner sehr begrüßen, sondern ein geplanter, großflächiger Komplex im Hofbereich zwischen Bertoldstraße und Zweigertstraße.
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„Vor unserem Garten ist ein Hochbunker geplant“, sagt Anwohner Werner Hannappel. In der Tat hieß es in Mitteilungen der Stadt vom Sommer 2010, dass nur ein bis zwei Geschosse im rückwärtigen Anbau vorgesehen sind. Nun sind drei Geschosse geplant. „Wir sind übel überrascht worden“, sagt Hannappel. Die Anwohner vermuten, dass sich Investor und Projektentwickler Kölbl-Kruse gegenüber den Bauplanern der Stadt durchgesetzt hat, da der Bauherr nach Angaben der Anwohner „selbst Büros in zwei Geschossen im Hof-Anbau beziehen will“.
Informationen nur durch „ständiges Nachhaken“
Auf Anfrage dieser Zeitung sagt eine Mitarbeiterin von Kölbl-Kruse, es werde noch geprüft, „ob und wo wir Büros beziehen“. „Nur durch ständiges Nachhaken haben wir überhaupt Informationen be-kommen“, kritisiert Jochen Herborn das Vorgehen der Eigentümer des ehemaligen Hertie-Hauses, Kölbl-Kruse und der Immobilienmakler Eckhard Brockhoff. Dieser war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
„Das ist eine Desinformations-Politik“, ergänzt Hannappel. Er bemängelt, Brockhoff habe sich nicht mit allen Anwohnern der Bertoldstraße zu Gesprächen zusammengesetzt, obwohl dieser „nachbarschaftliche Freundschaft“ be-tont hätte. Durch den neuen, geplanten Bürokomplex erhöht sich die Begrenzungsmauer um rund 1,20 Meter. „Dadurch sinkt unsere Wohnqualität“, sagt Hannappel. Der höher geplante Bau würde mehr Schatten auf Gärten und Wohnungen werfen. Der freie Blick aus den neuen Büros gegenüber bedeute auch ein Verlust an Privatsphäre. „Auch ein maximal zweigeschossiger Anbau würde den Investoren Nutzflächenzuwächse ermöglichen“, behauptet die Eigentümer-Gemeinschaft der Bertoldstraße.
Ein neues Geschoss nur ein „Bleistift-Strich“?
„Wenn die Investoren keine Dachgärten mit vielen Bänken vorgesehen hätten, bräuchten die kein drittes Geschoss. Ich habe mich angesichts der Modelle gefragt, ob die auch noch einen Pool brauchen“, sagt Hannappel scherzhaft.
Andreas Müller, Leiter der städtischen Bauleit-Planung, ist sich sicher: Der geplante Komplex verstößt gegen kein Baurecht. Das Düsseldorfer Architekturbüro RKW (Rho-de, Kellermann, Wawrowsky) hätte „Beschattungsstudien“ in Auftrag gegeben. Die Helligkeit verschlechtere sich nicht merklich. Und warum gibt es im Hofbereich plötzlich ein Geschoss mehr? Nicht jeder Bleistiftstrich müsse öffentlich dokumentiert werden, sagt Müller. „Der Rüttenscheider Stern ist sogenanntes Kerngebiet, das sich durch dichte Bebauung und Geschäftsbauten kennzeichnet.“ In solchen Flächen müssten Anwohner „derzeitige Pläne nach geltendem Recht hinnehmen“.
Anwohner halten sich Klageweg offen
„Wir leben in einer Demokratie“, sagt Norbert Overbeck, der sich ebenfalls übergangen fühlt. Falls der Ratsbeschluss aus Sicht der Anlieger negativ ausfällt, wollen diese beim Verwaltungsgericht da-gegen klagen.