Essen. .

Ein Kongress mit autobahnkritischer Grundhaltung will am kommenden Wochenende über neue Verkehrslösungen für Essen debattieren. Unter ihnen ist auch Ex-Verkehrsminister Christoph Zöpel, der den Weiterbau der A 52 für unmöglich hält.

Ein Kongress mit autobahnkritischer Grundhaltung will am kommenden Wochenende über neue Verkehrslösungen für Essen und das mittlere Ruhrgebiet debattieren. Einer der Referenten ist Christoph Zöpel, viele Jahre NRW-Verkehrsminister und schon Ende der 1980er Jahre in dieser Funktion ein Skeptiker in puncto Weiterbau der A 52 im Essener Norden. Mit dem damals als Sensation empfundenen Satz „Hier kann keine Autobahn gebaut werden“, war der SPD-Politiker mitverantwortlich für die Wende seiner Partei in der Autobahn-Diskussion. Zöpel ist Verfechter eines einheitlichen Ruhrgebiets und verwendet den Terminus „Ruhr“, wenn er die Region meint. Ein Gespräch.

Herr Zöpel, als Sie Ende der 1980er Jahre NRW-Verkehrsminister waren, wurde schon über neue Autobahn-Abschnitte in Essen geredet, aber es sind bis heute keine gekommen. Warum?

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Christoph Zöpel: Weil sich herausgestellt hat, dass sie nicht gebaut werden können. Durch einen so dicht besiedelten Raum wie den Essener Norden lassen sich nicht einfach neue Autobahntrassen schlagen. Das muss man so knapp sagen. Es ist wohl richtig, dass in Essen eine Nord-Süd-Querung Sinn macht. Aber ich kann mich erinnern, dass auch die höheren Beamten der Straßenbauabteilung die damals geplante A 52-Trasse wie ich nicht für realisierbar hielten. Sie führte ja bei den Leuten direkt am Fenster vorbei.

Immerhin sollen die Abschnitte mit dem größten Störpotenzial für den Stadtteil nach den aktuellen Plänen nun im Tunnel gebaut werden.

Zöpel: Offenbar gibt es aber dennoch keinen Konsens in den angrenzenden Essener und Gladbecker Stadtteilen für ein solches Projekt, nicht einmal Mehrheiten. Damit muss man sich abfinden. Eine komplette Tunnellösung wäre vielleicht ein Weg. Das entscheidende Verkehrsproblem in Ruhr ist aber ein anderes.

Nämlich?

Zöpel: Die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs ist in Ruhr zu gering. Das gilt zumal, wenn man vergleichbare Stadträume wie etwa Berlin oder auch Wien als Maßstab nimmt.

Man kann eben im Ruhrgebiet vergleichsweise komfortabel mit dem Auto fahren – vielleicht weil es keine Metropole wie die beiden genannten ist.

Zöpel: So viel anders als in Berlin ist die Struktur im Kern der potenziellen Metropole Ruhr keineswegs. Nein, es handelt sich fast einzig und allein um ein Problem der Taktzeiten im Öffentlichen Personen-Nahverkehr. Sie haben in Berlin bei den S-und U-Bahnen den Fünf-Minuten-Takt und in Essen und den anderen Ruhrstädten meistens nur einen 20-minütigen oder noch längeren Takt.

Thema Durchsetzbarkeit der Infrastruktur: Seit Stuttgart 21 hat man das Gefühl, dass Großprojekte noch schwerer umsetzbar sind.

Zöpel: Stuttgart 21 zeigt auf jeden Fall, dass Bürger die Macht haben etwas zu verhindern, in Großstädten lassen sich bestimmte Großprojekte eben nicht mehr einfach durchziehen. Ob Bürger auch in der Lage sind, auf diesem Wege Alternativen zu erreichen, ist offen. Ich halte es aber für falsch, zu glauben, das Großprojekte generell nicht mehr gehen. Die Emscherrenaturierung etwa ist durchsetzbar, und das ist auch ein Großprojekt.

Die Emscherrenaturierung geht ja auch mit dem grünen Zeitgeist konform.

Zöpel: Mir wäre neu, dass alle Menschen in Ruhr bei den Grünen anzusiedeln wären.

Noch mal zurück zu den Essener Projekten: Was ist denn aus Ihrer Sicht von der Untertunnelung der Ruhrallee zu halten, ebenfalls ein Projekt, das schon zu ihrer Minister-Zeit diskutiert wurde?

Zöpel: Der Bund stellt mangels Neubaumöglichkeiten kaum Bundesfernstraßenmittel für Ruhr zur Verfügung. Deshalb sind Untertunnelungen fiskalisch durchaus vertretbar. Das gilt ganz besonders für die A 40/ B 1 in Essen wie Dortmund und wohl auch für die Ruhrallee.