Essen.

Beim Rauch-Totalverbot in Kneipen fürchten viele Wirte um ihre Existenz. So auch die Wirtin einer der letzten Essener Raucher-Herrlichkeiten, Ingrid Ampütte, von der gleichnamigen Traditionsgaststätte. Ein Essener Stimmungsbild.

Die „Ampütte“ in Rüttenscheid ist noch so eine Kneipe aus altem Schrot und Korn: dunkles Holz, geschwungene Theke, und zum Bier gehört für viele die Zigarette dazu. Dicke Luft ist die Folge, was aber keinen zu stören scheint. Ein Raucherclub ist die Ampütte nicht, sondern Gaststätte mit Raucher- und Nichtraucher-Raum. „Da sitzt aber so gut wie nie jemand drin“, sagt Ingrid Ampütte über letzteren. Eine Raucher-Herrlichkeit, die es nach den Plänen der neuen Landesregierung so nicht mehr lange geben soll. Droht die bayrische Lösung, das Totalverbot? Viele Essener Wirte würden dann wohl um ihre Existenz fürchten. Ein Stimmungsbild.

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Von DerWesten

„Wer Nichtraucher ist, muss hier nicht hingehen. Was soll das?“ und „Das gibt ‚nen Volksaufstand“, heißt es am Tresen der Ampütte. Ein generelles Rauchverbot sei ein feindseliger Akt gegen die Kneipenkultur. „Ein Nichtraucher-Raum sollte reichen“, findet Ingrid Ampütte. So sieht es auch Christiane Behnke, Vorsitzende der Essener Kreisgruppe des Hotel- und Gaststättenverbandes: „Wir sind mit der derzeitigen Regelung sehr zufrieden.“ Wenn schon nicht jeder Wirt einfach selbst entscheiden könne. Guido Krekeler, Sachgebietsleiter beim städtischen Ordnungsamt, sieht das anders und in der jetzigen Praxis kaum mehr als ein Unterlaufen des Nichtraucherschutzes,: „Es ist im Gesetz nicht genau definiert, welche Bedingungen ein Raucherclub zu beachten hat.“

Wirte investierten in Lüftungsanlagen

Ortswechsel: der „Bahnhof Süd“ an der Rellinghauser Straße. „Raucherclub Lokomotive“ steht auf einem Schild am Eingang, und drinnen werden tatsächlich viele „Züge“ genommen – an der Zigarette. Einen Mitgliedsantrag bekommt man beim Betreten nicht in die Hand gedrückt, einen Ausweis muss niemand zeigen. Wie andere Kneipen-Inhaber auch, hat „Süd“-Chef Thomas Draheim dies anfangs zwar noch von seinen Gästen verlangt, dann aber darauf verzichtet. Die Regelung war wohl nie praktikabel. „Eigentlich müssten die Raucherclubs Mitgliederlisten führen, das steht aber auch nicht im Gesetz“, erklärt Guido Krekeler. Für das Ordnungsamt bedeutet das: Kontrollen sind im Grunde sinnlos. Selbst in Bezug auf Minderjährige in Raucherclubs spreche das Gesetz keine klare Sprache.

Im Nichtraucherbereich des „Süd“, einem Nebenraum, sitzen nur vereinzelt Gäste. Abgetrennt durch eine Wand sind beide Räume nicht. „Im Übergang zwischen beiden Bereichen haben wir eine Lüftung eingebaut“, sagt Kellnerin Inga Draheim.

Investitionen bei Raumtrennungen haben viele Gastronomen auf sich genommen - sofern die Größe der Kneipe dies überhaupt möglich machte. Kleine Kneipen ließen oft alles beim Alten. Auch deshalb hält Guido Krekeler ein totales Rauchverbot für konsequent: „Es würde gleichen Wettbewerb herstellen.“

Inga Draheim rechnet bei einem Verbot allerdings damit, dass ein Teil der Gäste zu Hause bliebe und sich dort Bier und Zigarette schmecken lassen würde. „Wir hatten mal zwei Wochen Rauchverbot, das Ergebnis war weniger Umsatz“, erzählt die Tochter des Inhabers. Müssen die Raucher vor die Tür gehen, könne das „Süd“ ihnen auch keine Unterstellmöglichkeit bieten. Da das alte Bahnhofs-Gebäude unter Denkmalschutz stehe, sei das Anbringen eines Regendaches nicht möglich.

„Dass die Raucher nach draußen müssten, fände ich ganz gut“, sagt ein Gast, selbst Raucher, und ergänzt: „Aber bitte nicht direkt vor dem Eingang.“ Es mache ja wenig Sinn, wenn Nichtraucher erst durch eine Tabakwolke laufen müssten. Inga Draheim denkt an die „Kultur“ in den Kneipen: „Stellen sie sich mal den Abendablauf bei denjenigen vor, die sich bei uns regelmäßig zum Doppelkopf-Spielen treffen.“

Lärmende Raucher?

Treffpunktcharakter haben auch die Kneipen rund um den Isenbergplatz im Südviertel. Selbst zu später Uhrzeit gibt es kaum freie Tische. Für die Bewohner im Umfeld sind sie so etwas wie ein zweites Wohnzimmer. Und es sind durchweg kleine Kneipen mit Raucherclub-Status inmitten dichter Wohnbebauung. Wie reagieren Anwohner, egal wo in der Stadt, auf mögliche Ruhestörung durch „Raucher-Trauben“ in Wohnstraßen? Man muss ja davon ausgehen, dass die Raucher sich vielleicht mal unterhalten.

„Mit einem verschärften Rauchverbot schafft man dieses neue Problem“, ist sich Christiane Behnke sicher. Greift dann ein Landesgesetz zum Emissionsschutz? „Es erlaubt, Außengastronomie bis 24 Uhr zu betreiben. Zum Schutz der Nachtruhe gibt es aber auch Orte, wo dies nur bis 22 Uhr gilt“, betont Krekeler. Ärger ist also programmiert.