Essen-Ruhrhalbinsel. .

Nach einer Bürgerversammlung regte sich in der Bevölkerung Protest gegen den Ruhrallee-Tunnel. Für den Landesbetrieb Straßen.NRW nimmt Projektleiter Jörg Reißing Stellung zum Mammut-Projekt.

Jörg Reißing ist Projektleiter bei Straßen NRW. Dort können sich interessierte Bürger mit ihren Fragen melden. Foto: Stefan Arend
Jörg Reißing ist Projektleiter bei Straßen NRW. Dort können sich interessierte Bürger mit ihren Fragen melden. Foto: Stefan Arend © WAZ

Nach einer Bürgerversammlung, in der der Landesbetrieb Straßen.NRW über den geplanten Ruhrallee-Tunnel informierte, regte sich in der Bevölkerung Protest gegen das Bauvorhaben, woraus wiederum die Bürgerinitiative (BI) „Wege für Essen“ hervorging. Jörg Reißing, Projektleiter Straßen.NRW, nimmt im Gespräch mit Redakteurin Claudia Pospieszny Stellung zu den Vorwürfen der BI.

Die Bürgerinitiative wirft Ihnen vor, Sie hätten unzureichend informiert, gerade, was die Dimension des Nordportals angeht.

Wir haben über die Dinge informiert, die bereits feststehen, die wir auch planerisch abgeschlossen haben. Detailfragen zum Bereich des Nordportals sind noch nicht abschließend gelöst. Es gibt Studien bzw. Konzepte dazu, die sind aber nicht Bestandteil der Linienbestimmung. Sie werden parallel bzw. im Nachgang zum Linienbestimmungsverfahren weiter ausgearbeitet.

Nun aber wird die Linie ohne das Vorliegen konkreter Pläne festgestellt. Doch wenn die Linie steht: Welche Möglichkeiten hat man dann noch, gegen die später vorgelegten Auswirkungen vorzugehen? Da steht wieder vor allem das Nordportal in der Kritik.

Das Nordportal sieht bei allen drei Linien-Varianten gleich aus. Die genannten Studien zum Bereich des Nordportals belegen zum Beispiel, dass wir keineswegs zehn Fahrspuren benötigen und planen wie teilweise behauptet wird. Nach dem Konzept und den derzeitigen Verkehrszahlen gehen wir davon aus, dass im Bereich zwischen Ahrfeldstraße und der Elbestraße sechs Fahrstreifen ausreichend sein werden, das heißt, vier Fahrstreifen für den Tunnel und zwei, für den restlichen Verkehr oberirdisch.

Aber die Gutachten besagen, 30 000 Fahrzeuge bleiben ohne Anbindung der Stadtteilverkehre auf der Straße. Damit würde es bei einer zweispurigen statt der bislang vierspurigen Ruhrallee wieder zu Staus kommen.

Die Abwicklung der Stadtteilverkehre geschieht genau über diese zwei Fahrspuren. Dazu werden die Zahlen aus dem jetzt vorliegenden Gutachten natürlich noch einmal weiter überprüft. Nach Auswertung des Verkehrsgutachtens sind wir durchaus in der Lage, auch bis zu 30 000 Fahrzeuge störungsfrei abzuwickeln, zum Beispiel durch Optimierung der verbleibenden Knotenpunkte und der Bushaltestellen.

Und das im Gutachten prognostizierte Mehraufkommen an Fahrzeugen wird nicht zu weiteren Verschärfungen führen?

Im Moment haben wir 60 000 Fahrzeuge am Tag, wodurch es zu immensen Störungen und Stauungen an ganz bestimmten Knotenpunkten kommt. Dort haben wir sehr viele Signalanlagen, die den Verkehrsfluss stören, wir haben Ein- und Abbiegeverkehre an mehreren Knotenpunkten hintereinander, insbesondere der Frankenstraße und der Westfalenstraße. Diese ganzen Knotenpunkte werden durch die Verlagerung des Durchgangsverkehrs deutlich entschärft. Es ist richtig: Die 60 000, die wir jetzt haben, die werden auf vier Spuren abgewickelt und machen uns Probleme. Das heißt aber nicht, das für die 30 000 nicht vielleicht auch zwei Fahrspuren, zwei weniger als heute, ausreichend sein können.

Aber durch den Ausbau der A44 und den damit verbundenen Tunnelbau in Richtung A52 wird zusätzlicher Verkehr in die Stadt geführt. Wie sind die Prognosen für den Transitverkehr?

Der Tunnel ist als Autobahn geplant, das ist richtig, er soll die A44, die jetzt in Heisingen endet, in Bergerhausen abschließen – allerdings als Tunnel. Daher rechnen wir nicht damit, dass dieser Autobahnausbau eine drastische Verkehrssteigerung an der Oberfläche bedeutet. Der so genannte Transitverkehr verschwindet im Tunnel und wird unterirdisch auf die A52 geführt.

Die BI befürchtet einen Zuwachs auf zehn Spuren und dass Bäume gefällt und Häuser abgerissen werden müssen. Ihrer Planung zufolge wären es sechs Spuren – doch wie erfolgt die Weiterleitung auf die A52?

An der Stelle, wo alle verbleibenden Verkehre Richtung Innenstadt wieder zusammengeführt werden, haben wir oben wieder rund 60 000 Fahrzeuge. Die Verkehre, die in nördlicher Richtung auf die A52 wollen, bleiben unten im Tunnel, sie kommen nicht mehr in den oberirdischen Bereich. Daher brauchen wir oberirdisch auch nicht die besagten zehn Fahrspuren.

Bleiben wir im oberen Bereich: Jetzt gibt es vier Spuren, sie werden im zwischen Ahrfeldstraße bzw. Hüskenbörde sechs Fahrspuren aus Portal und Ruhrallee haben. Wo ist dafür Platz?

Dafür haben wir Platz. Dass Häuser fallen werden, ist nicht vorgesehen. Einige Bäume werden wir fällen müssen, weil die Mittelspur in diesem Bereich wegfällt und ebenso ein Teil des Bürgersteiges schmaler wird. Wir werden aber nur das fällen, was wirklich nötig ist.

Und wo werden Sie den Lärmschutz installieren?

Dabei müssen wir ja nicht die verbleibende, oberirdische Fläche der Ruhrallee schützen, sondern was wir schützen wollen ist der Bereich, in dem der Tunnel an die Oberfläche kommt. Das heißt, der Lärmschutz ist im Prinzip eine Fortsetzung des Tunnels. Vorstellbar ist zum Beispiel eine gläserne Einhausung bis ca. Hüskenbörde, etwa 100 bis 200 Meter lang über die Tunnelfahrbahn. Der Verkehr, der heute außen fließt hat heute keinen Lärmschutz und den bekommt er künftig auch nicht.

Es hat im Bereich des Siepentals, in Berger- und Rellinghausen Bergbauschäden und flächendeckende Setzungen gegeben. Die BI fürchtet, dass das nicht ausreichend berücksichtigt wird.

Wir wissen, dass es in diesem Bereich unkartierten Bergbau gibt, von dem nicht bekannt ist, ob und inwieweit dort verfüllt wurde. Natürlich müssen wir entsprechende Sondierungsbohrungen durchführen. Art und Umfang stehen aber noch nicht fest. Man kann zum Beispiel Erkundungsbohrungen oder in der Tiefe Erdkungdungsstollen vortreiben, in den Bereichen, in denen Flöze vermutet werden. Die kohleführenden Schichten sind uns aus einem Gutachten bekannt. Für Verfüllungen haben wir rund 9 Millionen Euro eingerechnet.

Die Schadstoffgrenzwerte werden schon jetzt überschritten. Nun planen Sie einen Schornstein für die Abluft – doch so hoch der auch ist: Es gibt Mehrverkehr und der Dreck kommt wieder runter. Müsste man die Strecke - statt sie auszubauen - nicht eher entlasten, z.B. mit Umweltzonen?

Für eine Ausweisung von Umweltzonen wäre die Stadt Essen zuständig.Unserer Meinung nach gibt es keine wirklichen, brauchbaren Alternativen zu einem Ruhrallee-Tunnel. Die Straße ist eine der am stärksten befahrenen Haupteinfallstraßen in Richtung Essener Innenstadt und die werden wir auch weiterhin benötigen. Unsere bisherigen Untersuchungen zeigen, dass der Tunnel die jetzigen Schadstoffbelastungen eher reduzieren wird, weil der fließende Verkehr deutlich weniger Schadstoffe verursacht als der Stau-Verkehr.